Ein Orkan namens Campino: Tote Hosen feiern mit 6000 Fans in der Rockhal - Abschied erst nach 13 Zugaben

Esch/Luxemburg · Wie ein Wirbelsturm ist Sänger Campino mit seiner Kultband Die Toten Hosen durch die Rockhal in Esch-sur-Alzette/Luxemburg gefegt. Vor 6000 Zuhörern spielten die Düsseldorfer Punkrocker satte zwei Stunden und 20 Minuten lang ihre Hits. Ein Fan stand plötzlich selbst im Rampenlicht.

 Stimmgewaltig, energiegeladen, gesellschaftskritisch: Tote-Hosen-Sänger Campino alias Andreas Frege will beim Konzert in Luxemburg gar nicht mehr aufhören. Bassist Andreas „Andi“ Meurer (links) und die übrigen Bandmitglieder bleiben eher im Hintergrund.TV-Foto: Andrea Weber

Stimmgewaltig, energiegeladen, gesellschaftskritisch: Tote-Hosen-Sänger Campino alias Andreas Frege will beim Konzert in Luxemburg gar nicht mehr aufhören. Bassist Andreas „Andi“ Meurer (links) und die übrigen Bandmitglieder bleiben eher im Hintergrund.TV-Foto: Andrea Weber

Foto: (g_kultur

Esch/Luxemburg. Die Toten Hosen gehören seit Jahrzehnten zu den populärsten deutschen Bands. Dass ihre Energie immer noch gewaltig ist und sie für Überraschungen gut sind, zeigen sie beim Gastspiel in der Rockhal.

Fünf-Minuten-Star: Diana aus Dillingen genießt den vielleicht größten Moment in ihrem jungen Leben. Eine Stunde lang hat sie direkt vor der Bühne ihrer Lieblingsband zugejubelt, als Sänger Campino ausgerechnet sie auswählt und zu sich nach oben winkt. Im rot-weißen Ringelshirt und kurzer Jeans strahlt sie vor 6000 Leuten mit den Scheinwerfern um die Wette. Campino drückt ihr ein Mikro in die Hand und spricht ihr Mut zu: "Du machst das schon." Diana gibt alles, trifft beim Titel "Paradies" nicht jeden Ton, aber mit kräftiger Stimme ins Herz der Fans. Schließlich springt sie mit Campino in die Menge und lässt sich beim Stagediving auf Händen tragen - Adrenalinschub inklusive.

Knien, hüpfen, pogen: Die Fans geben sich allgemein nicht mit reinem Zuhören zufrieden. Die Szenerie erinnert an Choreographien in Fußballstadien. Beim Lied "Auswärtsspiel" schwenken Fans große Fahnen. Bei anderen Songs setzen sich Hunderte auf den Boden oder knien, bevor sie aufspringen und hüpfen. Mutige werfen sich ins Pogo-Getümmel und schubsen sich gegenseitig freundschaftlich herum.

Schweiß, Wasser und Bier: Trotz Saunahitze in der Halle schont sich niemand - Campino macht es vor und rennt munter von einer Bühnenseite auf die andere. Der 53-Jährige beginnt im langen Hemd, zeigt dann im Achselshirt seine Tattoos und schließlich seinen nackten, schweißglänzenden Oberkörper. An seinen Bierdosen nippt er immer nur kurz und wirft sie dann ins Publikum. Auch die Wasserstrahlen aus seiner Pump-flasche kommen dort gut an.

Selbstironie und Tiefgang: Die wenigen Pausen nutzt Campino zum Plaudern. "In den 80er Jahren haben wir mal in Luxemburg aus einem Auto heraus versucht, mit Steinen eine Scheibe einzuschlagen. Es ist aber nichts kaputt gegangen." Die Anarcho-Punker von einst legen Wert auf gesellschaftskritische, politische Botschaften wie zur Flüchtlingsfrage. "Die Diskussionen in Deutschland sind hysterisch und viel zu emotional", sagt Campino und kämpft mit Songs wie "Europa" oder "Willkommen in Deutschland" gegen Fremdenhass. Doch auch provozieren können die Hosen noch, spielen "Bonnie & Clyde", trinken "eisgekühlten Bommerlunder" und spüren "Cocain in my Brain".

Klassische Künstler: Vier Streicher und eine Pianistin der Musikhochschule Düsseldorf verstärken live die Band. Akustisch geht das etwas unter, aber Idee und optischer Kontrast zünden.

Ein Gewinner des Abends kommt aus Trier. Geschäftsführer Oliver Thomé vom Veranstalter Popp Concerts sagt auf TV-Anfrage: "Wir arbeiten seit Jahren gut mit den Toten Hosen zusammen. Das Rockhal-Konzert war innerhalb weniger Stunden ausverkauft."

Verlängerung: "Hier kommt Alex", "Tage wie dieser …", "Zehn kleine Jägermeister" - es folgt Hit auf Hit. "Wir kriegen immer mehr Bock, hier zu bleiben", schwärmt Campino. Sein Texthänger bei "35 Jahre" ist längst vergessen. Nach 23 Songs, rekordverdächtigen 13 Zugaben und insgesamt zwei Stunden und 20 Minuten erklingt zum Abschluss die Fußballhymne "You'll never walk alone" mit dem Publikum als Chor und einem Lichtermeer aus Feuerzeugen und leuchtenden Handydisplays.
volksfreund.de/fotos

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