Ein Sänger in den besten Jahren

Wo andere die Karriere längst beendet haben oder langsam ausklingen lassen, erklimmt Franz Grundheber Jahr für Jahr neue Höhen. Zu seinem siebzigsten Geburtstag, den er am morgigen Donnerstag feiert, widmet ihm die Fachpresse größere Lobeshymnen als je zuvor. Und die großen Bühnen versichern sich seiner Dienste schon für die nächsten Jahre.

Hamburg/Trier. Was macht Franz Grundheber wohl rund um seinen Geburtstag? Man ahnt es: Er singt. Dienstag und Freitag dieser Woche steht in Hamburg Verdis "Simone Boccanegra" auf dem Programm, jene Rolle, für deren grandiose Darstellung er im vergangenen Jahr für den deutschen "Bühnen-Oscar" nominiert wurde. Und wer Grundheber und seine eiserne Disziplin kennt, kann sich ausrechnen, dass dazwischen kein Platz dafür ist, über die Stränge zu schlagen - egal, wie bedeutend der Anlass ist.Es gibt wenig im Berufsleben des Franz Grundheber, was einen Außenstehenden auf sein Alter schließen ließe. Weder seine agile Bühnenpräsenz noch seine unglaublich intakte Stimme. Und schon gar nicht sein Terminkalender. Elektra in Hamburg, Cardillac in Paris, Rigoletto in Hamburg, Otello in Dresden, Zauberflöte in Salzburg, Macbeth in Hamburg und Dresden: Das verzeichnet seine Agentur für die nächsten 12 Monate. Baden-Baden, Hamburg, Dresden, Wien, Madrid stehen 2009 auf der Agenda. Und selbst für 2010 gibt es Verträge - Ausdruck eines geradezu unbegrenzten Vertrauens der Opernhäuser in die stimmlichen Fähigkeiten und die Seriosität des Künstlers.Jetzt, zum Siebzigsten, entdecken ihn auch die, die ihn lange übersehen haben. Die Fachzeitschrift "Opernwelt" hat ihm einen hymnischen Geburtstags-Artikel gewidmet. "Bildschönes Timbre", "ans Charismatische heranreichende Intensität", "ungemein facettenreich", "phänomenal", "grandiose, bis in alle Nuancen ausgeleuchtete Charakterstudien", "unglaublich komplex im Ausdruck", "bis heute üppige stimmliche Mittel", schließlich: "ein Zeugnis für die ungebrochene Faszination einer dieser heute so rar gewordenen großen Persönlichkeiten der Opernbühne".Er wird es gerne gelesen haben - auch wenn er das wahrscheinlich nicht zugeben würde. Wie gut er ist, weiß er fraglos ganz genau. Aber das hat ihn nie davon abgehalten, die kritische Distanz zur eigenen Leistung zu bewahren. Und wenn die Gefahr abzuheben je bestanden hätte, wäre da ja auch noch seine Frau Angelika, deren Beitrag zur faszinierenden Alterslosigkeit des Sängers gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann.Musikalisch erweckt bei der "Zauberflöte"

Dass seine Wiege in Trier-Biewer stand, dass seine musikalische "Erweckung" bei einer Zauberflöte mit Peter Roth-Ehrang im Trierer Theater stattfand - das alles ist in erstaunlicher Weise in seinem Leben weiterhin präsent, obwohl er schon vor über 40 Jahren nach Hamburg umsiedelte. Das zeigt sich nicht nur im Ehrensiegel, das ihm die Stadt zum 65. verlieh, nicht nur daran, dass er eigens für Trier (und für seine Lieblingsoper Wozzeck) mit 69 seine erste Regie-Arbeit auf einer Theater-Bühne übernahm, nicht nur an den Auftritten bei der Sängervereinigung Ehrang. Es zeigt sich auch wieder ganz praktisch in zwei Konzerten, die er in diesem Jahr noch gibt: Am 16. Dezember singt er das Oratorium "Paulus" mit Manfred Mays Konzertchor, und am 21. Dezember gestaltet er im Theater einen Gala-Abend mit Arien von Mozart und Verdi. Der TV hat Trierer Freunde, Weggefährten und Kollegen von Franz Grundheber um einen persönlichen Geburtstagsgruß gebeten. Die Ergebnisse sind auf dieser Seite zu lesen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Vom erwischt werden
Vinyl der Woche: Love Is A Wonderful Thing – Michael Bolton Vom erwischt werden
Aus dem Ressort