Ein Schrei für die Liebe

LUXEMBURG. Trip mit den "Sternseglern": Der englische Vierer Starsailor schwelgt beim Konzert im ausverkauften luxemburgischen "Atelier" in alten Songwriter-Zeiten.

Es ist die ruhigste Stelle im Konzert. "Love is here" verspricht Starsailor, eine stille Schönheit vom schwer melancholischen gleichnamigen Debüt-Album. Sänger James Walsh leidet: "You can't love what you have not, so hold on to what you've got..." Kann nicht lieben, was man nicht hat. Spatz streicheln, Taube fliegen lassen. Egal, ob das nun bittere Erkenntnis ist oder die bessere Alternative. Plötzlich erhält der Sänger eine "Duettpartnerin" aus den Tiefen des Publikums. Ihre Liebe ist laut. Ein gellender Schrei bricht sich den Weg zur Bühne, ein Kreischen, das sich überschlägt, und das die Band für einen Moment übertönt. Das ist zwar nur etwa so passend wie ein besoffenes "Helau" in der Christmette oder ein krakeeltes "ole, ole" beim Sinfonie-Konzert. Aber auch solche Momente machen das Starsailor-Konzert zum Erlebnis. Es geht um Emotionen, um Schmerzen. Darum, dass ein Ton ein kleiner Tod sein kann. Walsh lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Starsailor ist nicht eben der Inbegriff einer Teenie-Band. Erst kommt die Musik, das Songwriting, das Leiden, das Texten. Aussehen? Okay, aber nicht so wichtig. In England kann man es auch damit noch zu Star-Ruhm schaffen, und dann gibt es auch gelegentlich mal ein paar Schreie der Verzückung. Bei ihrem zweiten Auftritt im Luxemburger Atelier (vor zwei Jahren spielten sie schon einmal dort) konzentrieren sich die Engländer auf das, was sie am besten können: Das Spiel mit der Melancholie, immer mit einem Hauch Pathos und einer Spur Theatralik, die aber nicht zu dick aufgetragen wird. Warme Hammond-Klänge, mal eine Rückkehr des Wah-Wah-Pedals, Akustik-Gitarren - dem Quartett aus dem Industrie- und mittlerweile Fußball-Städtchen Wigan merkt man an, dass ihre Vorbilder Van Morrison oder Tim Buckley heißen. Beim 90-minütigen Aufritt wird deutlich, dass Starsailor mit dem zweiten Album nicht so recht zufrieden war - von "Silence is Easy" wird fast nichts gespielt. Dem neuen dritten Album, "On the Outside", wird viel Platz eingeräumt. Genauso viele Stücke gibt es vom Debüt - unter anderem die kleineren Hits "Fever" und "Alcoholic". Glanzlichter sind zudem das hymnische "Goods Souls" und das düstere "Tie Up my Hands".

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