Ein Trierer auf dem Weg nach oben

TRIER/WIESBADEN. Der aus Trier stammende Regisseur Andreas May hat den Europäischen Nachwuchs-Opernregiepreis 2003 erhalten. Er bekommt damit die Chance, eine Opernproduktion an der renommierten "Rhein-Oper" in Straßburg zu realisieren.

Manchmal sind es die Mütter, die einen angehenden Künstler in die Umlaufbahn schicken müssen. Aus Trier von Mutter Barbara kam das Fax mit der Ausschreibung zum Europäischen Opernregie-Preis, und Andreas May ließ es in seiner Berliner Wohnung erst einmal an der Pinnwand schmoren. Ausgerechnet für "Hans Heiling" war ein Regie-Konzept gefordert, eine ziemliche Opern-Schmonzette von Heinrich Marschner, mit allerlei Schauerlyrik und Gespenster-Gedöns - nicht gerade das, was sich ein aufstrebendes Regie-Talent für seine internationale Premiere wünscht. Doch Andreas May hatte gerade Zeit. Wer noch keinen großen Namen im Opern-Business hat, wird im Moment mit Groß-Aufträgen nicht eben verwöhnt. Kleinere Inszenierungen in Münster und Cottbus: Das ist das Brot der frühen Jahre als freier Opern-Regisseur. Dabei hatte der 32-Jährige nach absolviertem Lehramts-Studium und einer "Lehrzeit" in Oldenburg von 1998 bis 2001 erfolgreich als Spielleiter an der Oper in Mannheim gearbeitet. Aber der Sprung vom festen Engagement hinter den Kulissen zum Job des freischaffenden Regisseurs ist schwer - selbst wenn man, wie May, profilierte Arbeiten vorweisen kann. 2000 setzte er die Open-Air-Oper des Trierer Konzertchors in Szene: Sein "Orpheus und Eurydike" begeisterte Publikum und Kritik. Aber das bedeutet noch keine Eintrittskarte für die Opernhäuser der Republik. So entschloss sich May, der seine ersten Musiktheater-Erfahrungen am Trierer Max-Planck-Gymnasium in der Musik-AG seines Vaters sammelte, dann doch ein Inszenierungs-Konzept für die sperrige Marschner-Oper zu entwickeln und für den Europäischen Regie-Preis einzureichen. Gemeinsam mit dem Bühnenbildner David König arbeitete er sich durch das Noten- und Textmaterial des Werks, das er nie zuvor auf der Bühne gesehen hatte. Es entstand ein Entwurf, der das romantische Liebes- und Geisterdrama in visionäre Science-Fiction verwandelt. Die Idee begeisterte die Jury offenbar so, dass sie May und König aus 100 Bewerbern zum Sieger kürte. Dabei verheißen schon die Namen der Jury-Mitglieder das Entree in die europäische Opern-Champions-League: Die Chefs der hochkarätigen Häuser von Straßburg, Antwerpen und Wiesbaden waren es, die den Preisträger aussuchten.Chance ja, Durchbruch nein

Im März 2004 wird May seine Inszenierung in Straßburg realisieren, ein Gastspiel in Wiesbaden gehört ebenfalls mit zum Siegerpreis. Nicht zu vergessen ein Honorar von 15 000 Euro. Ob das schon der Durchbruch ist? Andreas May wiegelt ab. Der letzte Preisträger fiel mit seiner Inszenierung durch, vorbei war die Chance. Aber eine Chance ist es allemal, werden doch viele Theaterleiter und Musikjournalisten im Frühjahr aufmerksam Richtung Straßburg schauen. Und vorher kann er noch mal ohne Druck, in aller Ruhe eine Oper inszenieren: In Trier gestaltet er Ende August die Barock-Oper "Dido und Aeneas" von Henry Purcell. Wieder mit dem Konzertchor, wieder Open Air. Und vielleicht wird ja auch das Theater Trier mal auf das Talent aus der eigenen Stadt aufmerksam - bevor er zu teuer ist für das Haus am Augustinerhof.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort