Ein greller, stumpfsinniger Jahrmarkt

TRIER. Wäsche rein! "Lumpengesindel" ist in der Trierer Galerie Palais Walderdorff unterwegs. Dort stellt Susanne Ring ihre zwielichtigen Gestalten aus.

Als ob sie auf dem Weg zum derzeit heiß diskutierten "Ersten Mainzer Hurenball" wären, kommen die Keramik-Damen daher, die sich dieser Tage in der Galerie Palais Walderdorff präsentieren. Grell geschminkt und barbusig offeriert die tönerne Weiblichkeit ihre Reize. Den "Oben-ohne-" Look ergänzt bisweilen ein niedliches Häschen, das an männliche Playboy-Seligkeit und "Hattu-Witze" erinnert oder von der Trägerin aufreizend vors Bermuda-Dreieck der weiblichen Scham gehalten wird. Andernorts locken Mieder und Strapse nicht weniger eindeutig. "Lumpengesindel" nennt Susanne Ring das bunte keramische Volk aus Männern, Frauen und Tieren, das sie im ersten Stock der Galerie versammelt hat und dem auch die beschriebenen weiblichen Figuren angehören. Zeichnungen und Aquarelle an den Wänden runden das skurrile Gruppenbild zum Ensemble. Worum es bei dieser vielfarbigen Installation geht, liegt auf der Hand. Einmal mehr hat die Berliner Künstlerin, die 1966 in Mainz geboren wurde, ihr Thema variiert: Von Weiblichkeit ist die Rede, von Sexualität und ihren Ausdrucksformen und vom Verhältnis von Mann und Frau. Wo sich Frauen in Susanne Rings Bildideen als bemalte Puppen anbieten oder zur männlichen Jagdbeute werden, da gefallen sich Männer im Bärenfell, als Wolf oder als Holzpferd mit doppeltem Betonkopf. Wer am Ende die wirklichen Lumpen unter diesen seltsamen Gestalten sind, bleibt offen. Was übrigens auch die erklärte Absicht der Künstlerin ist, die der eigenen Bildfindung des Betrachters freien Raum lässt. Die gebürtige Rheinland-Pfälzerin, die zunächst an der Hochschule der Künste in Berlin Malerei studierte, ist eine fantasievolle, ausdrucksstarke Keramikerin. Wobei die Trierer Arbeiten weit stärker ihren Ausdruck aus ihren malerischen Qualitäten als aus ihrer bildhauerischen Gestaltung beziehen. Was als malerische Fassung der Figuren reizt, wirkt auf dem Papier in Trier leider ausgesprochen schwach. In keiner Weise überzeugen die Aquarelle der Künstlerin. "Arme, elende, nicht würdige Leute", erläutert ein altes Lexikon den Begriff "Lumpengesindel". Und genau das sind Rings Figuren: ein greller, stumpfsinniger Jahrmarkt der Lust, den ein paar aufgemalte Knochengerüste als Totentanz entlarven. "Lumpengesindel": Galerie Palais Walderdorff Trier, bis 19. März., Öffnungszeiten: dienstags bis freitags 11-13 Uhr und 14-17 Uhr, samstags und sonntags 10-13 Uhr

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