Eine Polyphonie der Eigenwilligen

TRIER. Zum Abschluss der Reihe "Jazz im Brunnenhof" lieferte das Oliver Maas Quartett mit Gast Adam Pieronczyk subtile und intelligente Musik, löste damit allerdings nur mäßige Begeisterung aus.

Für die Ouvertüre sorgte der Wettergott. Pünktlich zum Konzertbeginn öffnete der die Himmelsschleusen und ließ eine Sintflut aufs Publikum im Telekom-Innenhof herab. Was dazu führte, dass die Anwesenden eng unter den Schirmen zusammenrückten, weitere Besucher vorerst ausblieben und Thomas Schmitt vom veranstaltenden Jazzclub "Eurocore" die im TV verkündete Durchschnittsbesucherzahl von 190 auf 180 kürzen musste. Kaum war der Regen abgeebbt, startete das Oliver Maas Quartett mit einer Art Kontrastprogramm. Statt schwungvoll-strömender Klischees glänzte es mit unkonventionellen, sperrigen, manchmal sogar detailverliebten Melodie- und Klangkombinationen. Gleich der Einstieg entwickelte sich zu einem vielfarbigen Akustik-Puzzle, ein bisschen avantgardistisch, ein kleiner Beiklang Folklore und dazu etliches an Eigenprofil.Beweglichkeit, Weite und Originalität

Die junge Combo, die sich den Beinamen "Parallaxe" zugelegt hat, liefert keinen wohlgefälligen Jazz, sondern kultiviert seinen eigenen Stil. Da kann ein Titel wie "08/15" nur ironisch gemeint sein. Trompeter Daniel Schmitz hält sich nicht an Schablonen, sondern entwickelt eine Beweglichkeit, melodische Weite und Originalität, die beeindrucken. Überhaupt: Das Quartett liebt die originellen Melodien. Sogar der Kontrabass von Jan Oestreich beteiligt sich am Spiel der klingenden Linien, statt den Oberstimmenklang nur brummelnd zu grundieren. Christian Fischer bevorzugt am Schlagzeug die feinen, hellen Becken-Geräusche, und Oliver Maas erfindet am Keyboard aparte Harmoniemischungen. Manchmal spinnen Tasteninstrument und Kontrabass oder Trompete sogar gewagte, frech-schrille Dialoge aus. Das ist nichts fürs Mitwippen und viel für die musikalische Intelligenz.Gleichzeitig und individuell

Und dazu der Gast Adam Pieronczyk. Ein Saxophonist von kühlem Einfallsreichtum und subtiler Melodiefreude. Der in Homburg an der Saar aufgewachsene Pole heizt nicht ein, sondern lässt die Musik ausschwingen, pendelt zwischen großen melodischen Bögen und aphoristischen Tonfragmenten. Mal entwickelt er über den liegenden Tönen seiner Mitspieler weite Linien, mal erprobt er harsche Klangreibungen, mal erfindet er gemeinsam mit der Trompete ein Duett von skurriler Brillanz, mal integriert er sich ins Ensemble und spielt einfach mit. Kein Star, sondern ein geistvoller, ein gedankenreicher, ein kooperativer Musiker. Der Abschluss entwickelt sich dann sichtlich zum Resümee. Alle fünf Musiker erscheinen auf der Bühne, musizieren gleichzeitig, bleiben aber künstlerische Individuen. Jeder spielt, wie er möchte, und doch hören alle aufeinander - eine Polyphonie der Eigenwilligen. Intelligente Musik - wie das ganze Programm. Freilich nicht für Kopf, Herz und Beine und auch nicht fürs "easy listening" am verdienten Feierabend.

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