Entdeckungsreise mit Professor Dumbledore

Ausverkaufter Hof, passables Wetter, begeistertes Publikum: Wenn Götz Alsmann, die Moselfestwochen und das Kurfürstliche Palais zum sommerlichen Open Air einladen, kann im Grunde nichts schiefgehen.

 Guilde Horn, wie die Fans ihn lieben, schmachtet Götz Alsmann an. TV-Foto: Gerhard W. Kluth

Guilde Horn, wie die Fans ihn lieben, schmachtet Götz Alsmann an. TV-Foto: Gerhard W. Kluth

Trier. Es geht entspannt zu, wenn Götz Alsmann bei den Moselfestwochen gastiert. Auf der Bühne und drumherum. Wer etwa kurz vor Konzertbeginn die Hotline anklingelt, um zu erfahren, ob der Auftritt tatsächlich im Freien stattfindet, dem kann zu seiner Überraschung passieren, dass er den Künstler persönlich als Wetterauskunft an den Hörer bekommt. So was macht man nur unter Freunden. Und wie ein Freundschaftsbesuch gestaltet sich auch der ganze Abend. Da muss keiner mehr was beweisen. Götz Alsmann sitzt ausgesprochen relaxed am Klavier, weit weniger hyperaktiv als bei seiner letzten Visite vor drei Jahren. Wenig Show, viel Musik - vielleicht ein kluger Reflex darauf, dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen den Showmaster Alsmann, eines seiner wenigen wirklich guten Eigengewächse, derzeit an etlichen Schauplätzen verheizt. Im Mittelpunkt des neuen Programms "Mein Geheimnis" stehen die Ausgrabungen des Musik-Archäologen, der sich als "Professor Dumbledore des deutschen Jazz-Schlagers" ankündigen lässt. Kleine, hübsche Meisterwerke der populären Tonkunst, in den fünfziger Jahren von Klassikern wie Michael Jary, Heinz Gietz und Willy Berking komponiert und von Diven wie Evelyn Künneke, Greetje Kauffeld, Margot Hielscher oder - es müssen nicht immer Frauen sein - Bully Buhlan interpretiert. Manche Stückeschreiber, wie Theo Mackeben, schlagen sogar einen musikalischen Bogen von den 20er Jahren in die Nachkriegszeit.Nicht nur Gartenzwerg-Epoche

Wenn Götz Alsmann mit seinen exzellenten Musikern Michael Müller, Rudi Marhold, Markus Passlick und Altfried Sicking eine Zeit beschwört, in der Thomas Gottschalk noch Peter Frankenfeld hieß und Helge Schneider Hazy Osterwald, dann schafft das den gleichen Flair wie Samstagnachmittag-Schwarzweißfilme mit Grete Weiser. Und es straft die 68er Lügen, die - aus ansonsten guten Gründen - die Fünfziger in Bausch und Bogen das Stigma der Gartenzwerg-Epoche aufgebrannt haben. Geheimnis-Aufklärer Alsmann beweist: Da war mehr. Die subtile Ironie von Künneckes "Blauem Montag" beispielsweise, oder die sehnsüchtige Melancholie in Mackebens "Bei dir war es immer so schön". Und dann streut Altfried Sicking ein Trompeten-Solo ein, dass einem das Herz aufgeht, oder Rudi Marhold und Markus Passlick intonieren auf Schweizer "Hangs", einem metallenen Percussions-Instrument, fernöstlich anmutende Klänge, die dann doch wieder in deutscher Schlagerseligkeit münden.. Dazu steuert Alsmann eigene Kompositionen bei, die seiner Band Gelegenheit geben, virtuoses Können zu demonstrieren. Mal mit Blues-Rhythmen ("Wenn ich in Stimmung bin"), mal mit einem spannungs- und tempogeladenen Sound-Teppich, der eine packende, durchaus bissige Alltagsschilderung untermalt ("Wie immer"). Natürlich fehlt es auch nicht an Alsmanns schräg-bunten Conferencen, in denen er erfundene Geheimnisse verrät. Und es fehlt auch nicht an Trier-Bezügen, bewussten oder unbewussten. So wird "Ein Traum" von Gitta Lind zelebriert, der Trierer Sängerin, die auf dem Hauptfriedhof begraben liegt. Und ganz am Schluss springt Guildo Horn auf die Bühne, zu Besuch bei Muttern an der Mosel, und steigt für Peter Alexanders "Liebesträume von dir" bei den Alsmännern ein. Schmächtig ist er geworden, aber sonst in Bestform. Götz Alsmann spielt den Begleiter am Klavier, da stiehlt keiner dem anderen die Show, ein entspannter Spaß - unter Freunden halt. Das Publikum sieht's genauso, dankt mit reichlich Applaus, obwohl es den ganzen Abend lang keinen einzigen Gassenhauer zu hören bekommen hat. Die Entdeckungsreise mit Professor Dumbledore hat Spaß gemacht. Vielleicht hat er hat doch eine Chance gegen die Lord Voldemorts der Schlagerwelt, mögen sie nun Bohlen oder Silbereisen heißen.

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