Erbe eines klingenden Namens

TRIER. (no) Er darf sich schon als Stammgast der Antikenfestspiele betrachten: René Kollo. Auch dieses Jahr ist er wieder dabei. Allerdings steht er nicht auf der Bühne, sondern sitzt hinterm Lesepult Platz, um seine Autobiografie vorzustellen.

Kollo fängt nicht bei René an. Vorher gab‘s Willi, und noch vorherer, würde Heinz Erhardt sagen, gab‘s Walter. Beide waren sie alter, handfester Berliner Operetten-, Kabarett- und Schlager-Adel; beide drückten der Reichshauptstadt wie keine zweiten Komponisten ihren musikalischen Stempel auf. Filius René ist, sozusagen, der Erbe eines Familienunternehmens, das er freilich auf einer anderen Schiene weitergeführt hat - auf den Flügeln des Gesanges. Der Künstler, der in seiner Glanzzeit - das waren die 60er und 70er Jahre - als weltweit bester Wagner-Tenor gehandelt wurde, hat nun seine Lebenserinnerungen zu Papier gebracht. Eine Karriere mit vielen Höhen und nur wenigen (angedeuteten) Tiefen fliegt im Sauseschritt am Leser vorbei. Es gibt viel name-dropping, was in diesem Beruf ja wohl unvermeidlich ist, und jede Menge Kulissenklatsch zwischen Düsseldorf und New York und anderen Häusern, die für Kollos Karriere wichtig waren. Der Sänger ist ein schwärmerischer Geist, wenn es um sein Metier geht, voller Bewunderung für große Kollegen, woran selbst fetzige Kräche, zum Beispiel mit Karajan oder Bernstein, nichts haben ändern können. Eine Prise Eitelkeit darf wohl auch sein; etwas ermüdend wird‘s nur da, wo er darauf beharrt, dass früher alles besser war. Immerhin beschränkt er sich nicht aufs Jammern, sondern zeigt auch (mit manchmal zuviel Zeigefinger) mögliche Wege aus der Misere auf. Mal sehen, ob‘s jemand befolgt. Amüsant zu lesen ist das Buch allemal, gespickt mit Anekdoten und jenen Geschichten, die vormals unter Titeln wie "Wann geht der nächste Schwan?" zu Büchern voller Musikerwitzen gebündelt wurden. Und bei allem Ruhm hat Kollo sich ein gesundes Maß an Selbstironie ("Tenöre haben, was die Intelligenz anbelangt, ja einen denkbar schlechten Ruf...") und -kritik bewahrt. René Kollo liest am Freitag, 25. Juni, 19.30 Uhr, im Foyer des Theaters Trier. Karten: Theater Trier: Telefon 0651/718-1818, Buchhandlung Interbook: 0651/9799-251. "Die Kunst, das Leben und alles andere", Henschel-Verlag, Berlin, 240 Seiten, 24,90 Euro.

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