Erfolgreich und doch vergessen

Die Skulpturengruppe Faust und Mephisto vor Auerbachs Keller in Leipzig ist ein Kultobjekt, weitgehend vergessen jedoch ihr Schöpfer, der aus Pickließem in der Eifel stammende Mathieu Molitor (1873-1929). Ihm will das Museum der bildenden Künste in Leipzig eine Ausstellung widmen und recherchiert dafür zusammen mit dem Kreismuseum Bitburg-Prüm.

 Die berühmte Figurengruppe von Mephisto und Faust vor dem Eingang zu „Auerbachs Keller“ in Leipzig stammt vom Pickließemer Künstler Mathieu Molitor.Fotos: dpa

Die berühmte Figurengruppe von Mephisto und Faust vor dem Eingang zu „Auerbachs Keller“ in Leipzig stammt vom Pickließemer Künstler Mathieu Molitor.Fotos: dpa

Pickließem. (ae) Eine Spurensuche führt Burkhard Kaufmann, Leiter des Kreismuseums Bitburg-Prüm, Marlen Meyer, die Leiterin der Kreisvolkshochschule, und ihren Gast Birgit Hartung, Kunsthistorikerin am Museum der bildenden Künste in Leipzig, in die Kirche von Pickließem. Dort hängt ein Krippenbild, datiert "Köln 1891". Gemalt hat es der Schöpfer der Faustus-Skulpturengruppe in Leipzig, Mathieu Molitor (1873-1929), seinerzeit gefragter, doch heute weitgehend vergessener Auftragskünstler. Nach seinem Tod sei ein Großteil seiner Werke verstreut und durch Krieg zerstört worden. Das Krippenbild ist das einzige Zeugnis vom Schaffen des Künstlers, das seinem Geburtsort geblieben ist — dank glücklicher Umstände, über die Marlen Meyer, gebürtige Pickließemerin, berichten kann: Bei einer Radikalmodernisierung in den 60ern habe das seit Beginn des Jahrhunderts als Krippenersatz dienende Bild zusammen mit dem alten Kirchenmobiliar vernichtet werden sollen. "Mein Großonkel hat es gerettet und 10 Jahre auf dem Speicher gelagert." Später habe es wieder die Sakristei geschmückt, sei nochmals wegen Renovierung abgenommen, bei einem Kirchenratsmitglied zu Hause aufbewahrt und nach dessen Tod der Nachbarin von Marlen Meyer übergeben worden. Der Zufall wollte, dass Marlen Meyer Richard Hüttel kennt. Er war Dozent für Kunstgeschichte an der Universität Trier und leitet inzwischen die grafische Sammlung im Museum der bildenden Künste in Leipzig. Und die beherbergt den künstlerischen Nachlass Molitors, der nach dem Tod von dessen Tochter (1989) vergeblich der VG Kyllburg angeboten worden war. "Wir sind jetzt dabei, ihn gründlich zu bearbeiten", sagt Hüttels Mitarbeiterin Birgit Hartung. Sie betreibt auch die Vorrecherchen für eine im nächsten Jahr geplante Ausstellung und ist froh, dass sie mit Hilfe der Verbindung in die Eifel hier den Wurzeln Molitors und den wenigen verbliebenen Werken, zum Beispiel dem Landschaftsgemälde an der Treppe im Haus Beda, nachspüren kann. Doch zunächst geht es zum Geburtshaus Molitors in Pickließem, wo Irmgard Neisen wartet, deren Schwiegervater ein Cousin des Künstlers war und deren Sohn das 1773 erbaute Bauernhaus renoviert hat. Für sie ist Molitor kaum ein Begriff: "Es ist nicht viel erzählt worden über ihn, nur, dass er nach Rom gegangen ist und hier die Kirche ausgemalt hat." An die Deckenmalerei erinnere sie sich selbst noch. Damit hat die Spurensuche plötzlich einen handfesten Rechercheansatz bekommen. Burkhard Kaufmann will im Bistumsarchiv forschen: "Womöglich schlummert die Malerei noch in der Kirche."Extra Mathieu Molitor wurde 1873 als ältestes von neun Kindern eines Tagelöhners in Pickließem geboren. Nach einem Streit über die Mitgliedschaft in einem Aktzeichenverein verließ er mit 17 das Elternhaus, wurde Dekorationsmaler und studierte an der Kunstschule in Weimar, brach jedoch ab. Nach Wehrdienst in Niederländisch-Indien spezialisierte er sich auf Landschafts- und Porträtmalerei. Beim berühmten Musikverlag in Leipzig beschäftigt, heiratete er eine vermögende Leipziger Fabrikantentochter mit der er zwei Kinder bekam, und ging dann mit einem Stipendium vier Jahre nach Rom, wo er Bildhauer wurde. 1908 verlieh Herzog Ernst von Sachsen Weimar ihm einen Professorentitel. Mit 56 Jahren starb Molitor an einem Gehirnschlag.

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