Eruptive Ausbrüche und wirbelnde Herbststürme

Außerplanmäßig machten Primus Tim Vogler und sein Partner Frank Reinecke, der Bratscher Stefan Fehlandt und der Cellist Stephan Forck Station bei der Kammermusikalischen Vereinigung in Trier. Gemeinsam sind sie das Vogler Quartett.

Trier. (gkl) Adel verpflichtet, das ist eine altbekannte Weisheit. Dem ist sich offenbar auch das Vogler Quartett bewusst, eine Kammermusikformation, die nun schon über 20 Jahre weltweites Ansehen genießt.Mit dem Sommersemester 2007 wird es an der Musikhochschule in Stuttgart die Nachfolge des Melos Quartetts antreten. Wer solch einem Ensemble folgen darf, dem kann man guten Gewissens nachsagen, dass er geadelt wurde. Anspruchsvoll musste man das Programm, mit dem das Vogler Quartett nach Trier kam, nennen. Den Auftakt bildete Franz Schuberts Quartettsatz in c-Moll, D 703, gefolgt vom Streichquartett Nr. 11 in f-Moll, Opus 122, von Dimitri Schostakowitsch. Das Fragment aus Schuberts Feder ist ein Juwel der Kammermusikliteratur und als solches behandelte das Quartett es auch. Es ließ die Farben leuchten, setzte die reichhaltig vorhandenen Gegensätze in spannungsgeladene Verhältnisse, bei denen die Kraft der Musik sich frei entfalten konnte. Ganz anders, aber nicht weniger edel erklang das Gedenkquartett für den Geiger Wassili Schirinski, das Schostakowitsch 1966 verfasste. Höhepunkt dabei war zweifellos das Finale, bei dem der Schmerz des Komponisten über den verstorbenen Freund zum Ausdruck kam. Ein trauerndes, sprachloses Stammeln war es, das die Musiker in die Ewigkeit schickten.Beethoven verlangt gute Kondition

Andere Töne sollten nach der Pause vorherrschen. Dort fand sich das Quartett Nr. 13 in B-Dur, Opus 130, zusammen mit der großen Fuge, Opus 133, von Ludwig van Beethoven, ein gewaltiges Werk, das mit seinem Umfang ein gerüttelt Maß Kondition erfordert. Das alleine reicht aber nicht, wenn man mehr als nur Noten spielen will. Das Vogler Quartett ließ nicht nach im Musizieren, im Ausdeuten, im Interpretieren. Eruptive Ausbrüche bestimmten den ersten Satz, das Scherzo erinnerte an Herbststürme, die Blätter durch die Luft wirbelten, innig und wehmütig strömte die Cavatine. Alles jedoch steuerte auf die berühmte große Fuge zu, jenes sperrige und doch großartige Werk der Polyphonie, bei der die Gefahr des Abdriftens besteht. Das Ensemble schaffte es, sein Publikum beim Geschehen zu halten, es bei der Hand zu nehmen und durch die komplizierte Architektur zu führen. Ein großartiger Abend, bei dem das Vogler Quartett den Ansprüchen, die man an diesen Namen stellt, gerecht wird.

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