Es gilt das gebrochene Wort

Er redet ohne Punkt und Komma, lästert, stichelt, legt den Finger in jede Wunde: In drei Stunden reiner Redezeit hält Urban Priol Gericht über Politiker, Manager, High Society. Sein Plädoyer ist schonungslos, sein Urteil eindeutig: aufstehen, zurückärgern und "Tür zu", so der Titel seines sechsten Soloprogramms, mit dem er rund 1000 Zuschauern in der Trierer Europahalle aus der Seele spricht.

Trier. Sein Markenzeichen ist die Starkstromfrisur. Dass Urban Priol die Haare zu Berge stehen, ist nicht verwunderlich. Andererseits versorgen die haarsträubenden Zustände in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft den Querdenker mit dem eindeutig fränkischen Migrationshintergrund auch täglich mit neuem Material.

Abrechnung mit scheinheiligen Politikern



Und das flicht er auch noch kurz vor einem seiner Auftritte ein in sein immer tagesaktuelles Programm "Tür zu", mit dem er abrechnet mit den "Scheinheiligen, die durch die Politlandschaft wandern": das "Besatzerliebchen" und die "Schnappschildkröte" (Angela Merkel), der "König ohne Land (Guido Westerwelle), der "Dicke, die Mutter allen Schwarzgeldes" (Helmut Kohl), die "letzte Platzpatrone" der SPD (Frank-Walter Steinmeier), der "erste Gasableser Putins" (Gerhard Schröder) oder die "Unions-Barby" (Ursula von der Leyen).

Wenn schon der neue James-Bond-Film eher zu einem "Pilcher mit Pistolen" mutiert ist - gut passte da "Veronika Ferres als Bond-Girl, der Soundtrack von Juli, Silbermond oder Rosenstolz" gejammert, man "mehr Angst vor seinem Anlageberater als vor Al-Kaida" haben muss, man sich fragt, "wie lang wir noch schaffen müssen, bis wir sicher sein können, dass es keine Rente mehr gibt" und es "am Bahnschalter zugeht wie bei Hütchenspielern" - dann ist es höchste Zeit für Urban Priol, die Tür mit lautem Knall ins Schloss zu werfen.

Seine Witze sind giftig, den Stachel stößt er zielgenau ins Fleisch der regierenden Führungskräfte, er entlarvt den "ewigen Bluff", seziert ohne Pardon. Aber was ist der Aufschrei ob des "Wortbruchs" Ypsilantis wert, angesichts der Koalitionslüge der Kanzlerin ("Eine große Koalition wird es mit mir nicht geben.")?

Die "hält es doch eher mit Roberto Blanco: heute so, morgen so", lästert Priol. Es gilt das gebrochene Wort. Und das lethargische Kanzlerin-Klatschen während der Fußball-Weltmeisterschaft ist nach Priol nur Ausdruck des allgemeinen Befindens: "Die Frau freut sich so, wie das Land sich fühlt": in der Rezession. Das Publikum reagiert mit spontanem Zwischenapplaus, pflichtet dem lästernden Franken ad hoc mit Beifallsrufen bei. Auch wenn das Weißbier, das Priol ganz zu Beginn mit auf die Bühne gebracht hat, nach drei Stunden reiner Redezeit schal und abgestanden ist, er bleibt als Anwalt "des kostenintensiven Volkes", das sich nicht "ans sozialverträgliche Frühableben" hält, bissig bis zum Schluss.

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