Etwas Bauhaus für das Recht

TRIER. Keine vordergründige Attraktion: Die Deutsche Richterakademie Trier verkörpert gute Architektur ohne große Show.

 Klarheit und landschaftliche Eingliederung machen den Bau zu einer zeit- und alterslosen Attraktion: die Deutsche Richterakademie.Foto: Friedemann Vetter

Klarheit und landschaftliche Eingliederung machen den Bau zu einer zeit- und alterslosen Attraktion: die Deutsche Richterakademie.Foto: Friedemann Vetter

Manche Schönheit bleibt weithin unbemerkt. Und wenn nicht immer mal ein Jubiläum anstünde, das sie für Augenblicke in den Mittelpunkt des Interesses rückte, würde sie glatt vergessen - zumindest was die breite Öffentlichkeit angeht. So geht es auch dem Gebäude der Deutschen Richterakademie in Trier, das unlängst 30 Jahre alt wurde. Zwar erfreut sich die Einrichtung als juristische Fortbildungsstätte zunehmender Beliebtheit bei seinem Fachpublikum aus Richtern, Staatsanwälten und prominenten Referenten. Die gelungene Architektur hingegen, die den Tagungen und Seminaren erst Haut und Hülle gibt, bleibt weithin unbeachtet. Selbst die Festschrift zum 25-jährigen Bestehen der Akademie beschränkt sich auf Chronik und Raumangebot.Von architektonischer Mottenkiste keine Spur

Dabei gehört das 1973 eingeweihte Gebäude zu den herausragenden der Stadt. Seine Klarheit und seine landschaftliche Eingliederung, die weithin ihres Gleichen suchen, machen den Bau zu einer zeit- und alterslosen Attraktion. Auch nach 30 Jahren keine Spur von architektonischer Mottenkiste oder baumeisterlichem Saisonartikel. Dafür hat der Bau viel von jenem internationalen Stil, der aus dem Bauhaus kommt und der einer weltoffenen demokratischen Rechtsordnung bestens ansteht. Ein Gebäude, das "dem Bemühen um Gerechtigkeit und Rechtssicherheit im Spannungsfeld des Sozialstaates" dienen sollte, war damals zu errichten. Beauftragt wurde mit dem Projekt das Hochbauamt der Stadt Trier. Nach zwei Jahren Bauzeit unter der Leitung von Leopold Körholz konnte 1973 das 8,8 Millionen Mark teure Gebäude bezogen werden. Wie hatte das gebaute Bild des modernen Rechts auszusehen? Welche Form war dem Zweck angemessen? Die wesentlichen aller architektonischen Planungsfragen finden eine überzeugende Antwort. Lichte Klarheit, ein konsequenter Fassadenrhythmus und geometrische Strenge bestimmen das Bild. Der Bau beansprucht seinen Platz. Aber er nimmt sich zurück vor den berechtigten Interessen des Hangs. Als wär‘s ein Teil davon, wächst das Gebäude in die Landschaft. Die gerade kompromisslose Linie seiner horizontalen Ausrichtung wird durch Brechungen, Winkel und unterschiedliche Ebenen zum abwägenden, Gestalt gebenden Architekturgedanken. Was nach außen nicht eben abweisend, aber durchaus zurückhaltend wirkt, öffnet sich nach innen zu schönen lichten Innenhöfen, in deren gläsernen Umgängen es sich gut über Recht und Welt nachdenken lässt. Weise beschränkt haben sich die Bauherrn bei der Auswahl der Materialen auf die klassische Kombination von Glas, Beton, Sichtstein und Holz. Natürlich verfügt der Bau über die gesamte Infrastruktur, die eine solche Akademie für ihre Funktionsfähigkeit benötigt. Neben modern ausgestatteten Tagungs- und Seminarräumen stehen Speisesäle, Aufenthaltsräume und sogar ein hauseigenes Schwimmbad zur Verfügung. Angegliedert ist zudem ein Hotel.
Regelmäßig öffnet sich das Haus der jungen Kunst



Und noch eins: Regelmäßig werden in der Akademie Kunstausstellungen gezeigt. Was nicht mehr als recht und billig ist in der Rechts- akademie eines Staates, dessen Grundgesetz die Freiheit der Kunst garantiert. Nicht zu vergessen, dass die rheinland-pfälzische Landesverfassung ausdrücklich feststellt: "Das künstlerische und kulturelle Leben ist vom Staat zu fördern." Zum großen Teil dient die Kunstförderung der Trierer Richterakademie der jungen Kunst und dem internationalen Austausch. Derzeit ist eine Künstlergruppe aus Luxemburg mit dem Namen "Artlequin" zu sehen. 30 Jahre - und noch immer ist der Bau der Richterakademie in seinen besten Jahren. Innenarchitektonisch könnte gelegentlich das ein oder andere erneuert werden. Aber sonst: "Das Haus funktioniert nach wie vor gut", sagt Verwaltungsleiter Rolf Lyding. Die Ausstellung ist bis 19. Juli di.-do. von 13 bis 18 Uhr zu sehen.

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