Evas Tarnnetz

BONN. Zwölf Künstlerinnen beziehen in einem deutsch- amerikanischen Gemeinschaftsprojekt im Bonner Frauen Museum Stellung gegen den Krieg.

Aktueller geht es nicht. Eine Frau verschwindet unter einem fein gemusterten Tschador und hält einen Revolver in der Hand. Gesichtslos und technisch maschinell erscheint das Phantom vor dem Hintergrund einer artig gemusterten Tapete - gesichtslos und unheimlich wie der Krieg selbst. Das Bild ist keine fantastische Erfindung, sondern nichts anderes als eine scherenschnittartig veränderte und vergrößerte Vorlage aus einer Tageszeitung. Die Künstlerin Annette Schröter aus Leipzig gehört zu den zwölf Künstlerinnen, die in einem deutsch-amerikanischen Gemeinschaftsprojekt im Bonner Frauen Museum auf ihre Art und mit ihrer "art" gegen den Krieg demonstrieren."Women in Arms" (Frauen in Waffen) heißt die Wanderausstellung, die die gegenwärtige Weltsituation unglaublich realitätsbezogen aufgreift. In den Bildern und Installationen, den Zeichnungen, Fotografien und Collagen geht es stets um Macht und Gewalt und spiegelbildlich dazu um Verletzlichkeit, Ohnmacht und Hilflosigkeit. Auf den Punkt bringen dies die aus Feuer(-rot) und Kohle(-schwarz) bestehenden gestischen Zeichnungen von Audrey Welch aus San Francisco. Schließlich findet stets eine Zuspitzung auf Leben und Tod statt, ob hier Frauen aus dem nationalsozialistischen Widerstand in den Kopfzeichnungen von Eva Kohler erscheinen oder die altmeisterlich heldenhaft aufgeputschte Kavallerie von Biljana Djurdjevic aus Belgrad."Wenn ich daran denke, wie lange es gedauert hat, bis ich mein Kind groß hatte, und dann kommt jemand mit der Waffe in der Hand und knallt es ab", sagt Bettina Schilling aus Berlin und reagiert mit einer Armee aus schablonenhaften Korkfiguren. Das Individuelle verschwindet zugunsten einer aggressiven, stechschritthaften Körpersprache, egal ob hier Männer oder Frauen unter Waffen stehen. "Eva hat sich ein Tarnnetz übergezogen", so die poetische Verbrämung. Die Berlinerin Anita Staud hat sich in der ehemaligen Kaserne "Waldsiedlung" in Großglienicke umgesehen und die Relikte für Übermalungen benutzt. Ebenso sensibel nähert sich die 1941 in Kalifornien geborene Elisabeth Chandler mit zarten, fast schwebenden Kompositionen (enkaustisch gemacht, das heißt im Wachsschmelzverfahren) einem schlimmen Thema. Es geht um die Situation, als die Frauen in Bosnien an Hand von Kleidungsstücken ihre Männer identifizieren mussten. Zynisch ist ein Text von Christiane Schlegel aus Berlin, die sich wie so viele in der DDR geprägte Frauen besonders vehement gegen die Wehrpflicht für Frauen verwahrt hat, die in der DDR zur Debatte stand. Sie schreibt: "Jede Frau sollte das Recht haben, ihren Körper zu zerstören, masochistische oder sadistische Züge auszuleben, das Gesicht beim Stratosphärensprung zu erfrieren, durch den Schlamm zu robben - aber die Pflicht, etwas derartiges zu tun, darf kein Mensch haben." Projektleiterin ist Gudrun Erler, die 1995 in Berlin ein Atelierhaus in einer ehemaligen Panzerhalle mitgegründet hat, ein Ambiente, das damals schon die Berlinerinnen inspirierte. Zur Zeit aber scharen sich darum herum die Künstlerinnen, die unter dem Druck der Gegenwart eine Botschaft formulieren möchten.Bis 27. April, Frauen Museum Bonn, Im Krausfeld 10, 53111 Bonn, Tel. 0228/6913444, www.frauenmuseum.textur.com; di.-sa. 14 bis 18 Uhr, so. 11 bis 18 Uhr.

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