"Faust" à la française

Dass ein Trierer Intendant auswärts inszeniert, ist in der Ära Gerhard Weber selten geworden. Aber für eine ungewöhnliche Koproduktion macht der Theater-Chef eine Ausnahme: In Dijon setzt er Gounods "Faust"-Oper in Szene.

Dijon/Trier. Auf den ersten Blick hat Gerhard Webers Engagement im schönen Burgund etwas von Urlaub. In Frankreich pflegt man erst um 14 Uhr mit den Proben zu beginnen. Wäre da nicht das Telefon. "Von 9 bis 12 Uhr regele ich im Hotelzimmer meine Trierer Amtsgeschäfte", erzählt der Intendant. Aber es sei gar nicht schlecht, wenn sein "gut eingespieltes Team" daheim mal ohne ihn zurechtkommen müsse: "Es schadet keiner Firma, wenn der Alte mal nicht da ist."Ab 14 Uhr wird dann bis in die späten Abendstunden geprobt. Für seine Frankreich-Premiere hat Weber Sänger aus der ersten Garde des Nachbarlandes zur Verfügung. Dort gibt es keine festen Ensembles, die Künstler werden für die einzelnen Produktionen eingekauft. Der Vorteil: Man kann die Rollen passgenau besetzen. Die Kehrseite: "Man braucht Zeit, um sich aufeinander einzustellen", sagt der Regisseur. Dabei hilft, dass er des Französischen einigermaßen mächtig ist. Für kompliziertere Probleme gibt es eine Dolmetscherin. Warum Trier mit dem fernen Dijon zusammenarbeitet und nicht mit den näher gelegenen Metz und Nancy, erklärt Weber mit der "größeren Flexibilität" des dortigen Hauses. Intendant Olivier Desbordes und sein Trierer Kollege haben sich eher zufällig kennen gelernt. Mit "Faust" hatten die Franzosen gleich ein passendes Projekt parat. Ein schauspiel-erfahrener deutscher Regisseur für die Goethe-Oper eines französischen Komponisten: Das hat schon einen besonderen Reiz. Dabei hat Weber kurioserweise den "echten" Faust, also das Schauspiel, in seinen 30 Regie-Jahren noch nie inszeniert. Aber er war als Assistent beim legendären 77er-Peymann-Faust in Stuttgart dabei.Dass das mit der Oper nicht allzu viel zu tun hat, ist Weber durchaus klar. "Gounod konzentriert sich auf die Liebesgeschichte Faust-Gretchen, und das tun wir natürlich auch", betont er. Was dabei herauskommt, wird das Trierer Publikum in der übernächsten Spielzeit erleben können, denn dann wandert die Produktion - mit Trierer Neu-Besetzung - an die Mosel. Ganz Eilige könnten auch am Freitag zur Premiere nach Dijon fahren. Gerhard Weber hingegen überlegt, wie er es schaffen kann, am Samstag wieder zurück zu sein. Denn dann ist in Trier "Nathan"-Premiere. 9., 11., 13., 15. November. Info: www.leduodijon.com.

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