Festwochenende: Luxemburger Musée d´Art Moderne wird zehn Jahre alt

Luxemburg · Kampferprobt und spannend präsentiert das Museum für Moderne Kunst Grand Duc Jean (Mudam) seit zehn Jahren zeitgenössische Kunst. Am ersten Juli-Wochenende feiert das Haus Geburtstag.

Festwochenende: Luxemburger Musée d´Art Moderne wird zehn Jahre alt
Foto: (g_kultur

Luxemburg. "Ein Museumsbau muss auf Dauer angelegt sein", hatte der Architekt zur Eröffnung erklärt. Ein Jahrzehnt hat der zeitlose Bau, den Ioeh Ming Pei der Modernen Kunst auf dem Luxemburger Kirchberg baute, inzwischen überdauert. Längst hat sich die nach außen abweisende und im Innern lichtdurchflutete Kunstfestung des Stararchitekten als spannender Kunstraum, Bildungsort und hochattraktives touristisches Ziel international etabliert. Am Wochenende feiert das Museum für Moderne Kunst Grand Duc Jean (Mudam) seinen runden Geburtstag mit einem rauschenden öffentlichen Fest (siehe Extra).Am Anfang war Widerstand

Angefangen hatte alles ziemlich verquer. Ende der 1980er Jahre und mit der Wahl zur Kulturhauptstadt Europas 1995 hatte sich Luxemburg auf seine Rolle als Kulturstandort besonnen, dessen Institutionen ebenso der internationalen Außendarstellung dienen wie den Standort im Innern beleben sollten. Ein weißer Fleck auf der kulturellen Landkarte war seit jeher ein Museum für Moderne Kunst.

Um die Lücke zu schließen, beauftragte die Regierung von Jacques Santer den im Museumsbau bestens ausgewiesenen amerikanischen Architekten Ioeh Ming Pei mit der Planung eines entsprechenden Baus. Von Anfang an stieß das in der alten Festungsanlage am Fort Thüngen geplante Projekt auf erbitterten Widerstand. "Zu teuer und zu groß" kritisierten Volksvertreter und weite Teile der Bürgerschaft den am Ende 88 Millionen teuren Bau.

Schäden am Welterbe der Festungsanlage befürchtete die Unesco. Schließlich konnte 1997 der Auftrag an Pei erteilt und 1999 der Grundstein gelegt werden. Immer wieder sorgten Streitereien um höhere Kosten, Materialien und Größe für Verzögerungen, bis im Juli 2006 der Bau eingeweiht werden konnte. "Die größte Herausforderung war für mich, die Verbindung zwischen Gegenwart und Vergangenheit herzustellen", sagt Pei mit Blick auf den Standort. Die schaffte er unterm anderem in der Gestalt des Mauerwerks, das die Zacken der alten Vauban-Festung zitiert.

Dem neuen Bau fehlte das Inventar, sprich eine präsentable Sammlung. Eine Ankaufskommission unter dem Vorsitz des französischen Kunstexperten Bernard Ceysson sollte das richten. Angesichts des schmalen Ankaufsetats verzichtete Ceysson von Anfang an klug darauf, etablierte und damit in Spitzenwerken unerschwingliche Künstler der Moderne zu sammeln. Stattdessen wählte die Kommission überzeugende Arbeiten von jungen Zeitgenossen aus, die heute vielfach zu den Stars der Kunstszene gehören (siehe Extra).

Als Gründungsdirektorin wurde die Französin Marie-Claude Beaud aus Paris nach Luxemburg verpflichtet. Von Beginn an war die Ausstellungspolitik der Museumschefin, die einen ausgeprägten Hang zum Design hatte, heftig umstritten, so dass ihr Vertrag nach drei Jahren nicht verlängert wurde. Ihr folgte 2009 der Kunsthistoriker Enrico Lunghi. Der Luxemburger mit den italienischen Wurzeln hatte sich bereits als Chef des Casinos als mutiger wie hartnäckiger Kämpfer für zeitgenössische Kunst bewährt, der keinen Konflikt scheute, wo es um die Sache der Kunst ging. "In der Zusammenarbeit mit anderen Instituten, wie dem Centre Pompidou in Paris, möchte ich das Mudam zu einem der spannendsten Kunstzentren der Großregion machen".Kein Wetteifern mit Paris

Was Lunghi zu seinem Amtsantritt versprochen hatte, hat er fraglos geschafft. Und das ohne Namensgeklingel, Blockbuster Shows, gigantische Werbeetats und willfährige Anbiederung an Kunst-Moden. Von Anfang an war für ihn klar: Das Mudam sollte keine Mini-Ausgabe der großen Museen in Paris, London oder New York werden. Stattdessen setzte Lunghi konsequent auf Originalität, baute die kleine, aber feine hauseigene Sammlung zeitgenössischer Kunst aus, und konzentrierte sich auf qualitätvolle, spannende Wechselausstellungen.

Umfangreiche Rahmen- und Bildungsprogramme wie die Mudam-Akademie, Workshops, Führungen und Angebote für Kinder ergänzen das Programm. Zudem gelang es dem rührigen Museumschef, dichte internationale Netzwerke zu namhaften Museen und Sammlern aufzubauen.

Der Erfolg gibt ihm recht. Seit seinem Amtsantritt hat sich die Anzahl der Besucher von ehedem 40 000 auf über 90 000 Besucher jährlich erhöht. Zum Gesamtetat von acht Millionen Euro steuert das von einer Stiftung getragene und staatlich geförderte Haus stolze 20 Prozent aus eigenen Einkünften bei. Mit anteiligen 30 Prozent bleiben die Personalkosten ausgesprochen niedrig.

Viele der internationalen Besucher kommen aus der Großregion und der Region Trier. Einer davon ist Klaus Reeh. "Für mich ist das Mudam eher eine begehbare Großskulptur als ein Museum", schwärmt das Vorstandsmitglied der Trierer Tuchfabrik, der dort die Gesellschaft für aktuelle Klangkunst vertritt. "Spannendes, das sonst nirgends in der Nähe geboten wird", zieht eine andere Triererin in den Pei-Bau.Auch Luxemburg muss sparen

Wolkenlos ist der Himmel allerdings auch dort nicht. Im Zuge der staatlichen Sparbeschlüsse wurden dem Haus unlängst 400 000 Euro Zuschuss gekürzt. Für Ankäufe bleiben da eben mal 200 000 Euro. Zu wenig, um Qualität zu sammeln. Getreu seiner Devise: "Ich habe das Ziel, die Situation zu erkennen und so zu verändern, dass man konstruktiv arbeiten kann" erreichte Lunghi, dass die satzungsgemäße Sammelpflicht des Museums aufgehoben wurde.

Das verbleibende Geld soll die Fortführung der Wechselausstellungen auf hohem Niveau sichern. Schließlich gilt für Lunghi: "Ich verstehe unser Museum als ein Instrument, über die Kunst die Zeit zu spiegeln und so die Welt zu verstehen." Zum Jubiläum wird übrigens Hauskünstler und Enfant terrible, der Belgier Wim Delvoye, mit einer Ausstellung geehrt.Extra

 Architekt Ioeh Ming Pei bei der Einweihung des Mudam 2006.

Architekt Ioeh Ming Pei bei der Einweihung des Mudam 2006.

Foto: (g_kultur
 Skulptur des in New York lebenden Künstlers David Altmejd in der Grand Hall.

Skulptur des in New York lebenden Künstlers David Altmejd in der Grand Hall.

Foto: (g_kultur
 „The destroyed room“ von Jeff Wall in der Ausstellung Damage Control.

„The destroyed room“ von Jeff Wall in der Ausstellung Damage Control.

Foto: (g_kultur
 Blick in die Halle mit einem Objekt aus der Ausstellung „Brave new world“.

Blick in die Halle mit einem Objekt aus der Ausstellung „Brave new world“.

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