Feuriges Fest für düstere Romantiker

In den 90ern kamen vielleicht hundert Trierer zu ihren Konzerten. Heute füllt die Band Subway to Sally problemlos die Europahalle - mit harten Klängen, sanften Weisen, düsteren deutschen Texten und einer beeindruckenden pyrotechnischen Show.

 Reibeisen-Stimme und zarte Saiten: Subway to Sallys Leadsänger Eric und Geigerin Frau Schmitt TV-Foto: Friedemann Vetter

Reibeisen-Stimme und zarte Saiten: Subway to Sallys Leadsänger Eric und Geigerin Frau Schmitt TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Brüste in enge Mieder geschnürt, rasierte Schläfen, gepiercte Lippen, geschminkte Männeraugen, schwarz, schwarz, schwarz und darüber der Duft von Patchouli. Kein Zweifel, die 1200 Menschen, die sich in der Europahalle drängen, haben sich dem Anlass angemessen gestylt. Wer bei Subway to Sally eine blaue Jeans trägt, fällt auf.

Dabei ist die siebenköpfige Band aus Potsdam längst kein Subkultur-Phänomen mehr. Ihr aktuelles Album Kreuzfeuer hat sich sieben Wochen lang auf Platz fünf der deutschen Album-Charts gehalten und 1,5 Millionen Zuschauer haben die Band 2008 bei Stefan Raabs Bundesvision Song Contest zum Sieger gekürt.

Vielleicht liegt es daran, dass sie Romantiker ebenso froh macht wie Folk- und Metal-Fans. Vielleicht liegt es auch an ihrer perfekten Show. "Komm in meinen Schlaf", säuselt eine süßliche Frauenstimme. Dann ein gewaltiger Knall. Feuersäulen schießen zur Decke und legen ihre Hitze auf 1200 erwartungsvolle Gesichter - von denen die meisten zu jung sind, um sich an die Konzerte zu erinnern, die die Band damals in den 90ern vor vielleicht hundert Trierern gegeben hat.

Ihre Erwartung wird nicht enttäuscht. Die Frauenstimme hat ausgesäuselt. An ihre Stelle treten die wohlige Reibeisen-Stimme des Sängers Eric, harte Gitarrenklänge, treibendes Schlagzeug, eingängige Melodien mit düsteren deutschen Texten oder sanfte Weisen.

Mal beschwören im warmen Schein mehrerer Lagerfeuer Dudelsack, Drehleier, Geige und Schalmei Mittelalter-Romantik. Mal ist die Bühne wie bei "Die Trommel" in kaltes, blaues Licht getaucht, ehe es hübsch hart wird.

Und während rund tausend Kehlen in den Refrain der melancholischen Ballade "Eisblumen" einstimmen, bahnen sich Schneeflocken ihren Weg durch die rauchverhangene Luft der Europahalle.

Längst ist der Duft von Patchouli dem des Feuers gewichen. Kein Wunder. Nicht nur wegen der pyrotechnischen Unterstützung beim "Tanz auf dem Vulkan". Auch die Musiker selbst speien Flammen: Wenn andere Sänger sich ein Schlückchen Wasser gönnen würden, greift Eric zu einem großen Schluck Spiritus, schwenkt Fackeln, spuckt Feuer und singt danach weiter als wär' nichts gewesen. Ein Multitalent zweifellos. Denn trotz der Show, die er dem Publikum liefert, sitzen auch die Töne, die er auf dem Dudelsack oder seinen Flöten spielt.

Während sich in der Mitte der Halle ein linksdrehender Menschen-Strudel gebildet hat und jeden mitreißt, der ihm zu nahe kommt, steuert die bis ins Detail geplante Choreographie des Zwei-Stunden-Konzerts ihrem Höhepunkt entgegen.

"Auf Kiel" heißt das Lied, mit dem Subway to Sally 2008 die 1,5 Millionen Fernsehzuschauer überzeugt hatte. Es handelt von einem Seemann, der sein Boot auf Kiel gelegt hat. Ein Boot, dessen Planken fast schon faulen. "Nur manchmal, wenn der Südwind weht und wildes Fernweh durch mich geht wie schauerliche Stürme dann sehn ich mich wieder nach der See."

Eine Metapher, wie so oft in den Texten dieser Band. Ein großartiges Lied über die Sehsucht nach Freiheit. Eine Hymne, von deren Wogen sich die 1200 schwarz gekleideten Menschen bereitwillig mitreißen lassen. In eng geschnürten Miedern beben Brüste, Schläfen pochen, Lippen singen und so manche Schminke ist längst verlaufen. Ein schöner Abend für alle, die es düster-hart-romantisch mögen.

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