Film ab - "Verstehen Sie die Béliers?"

In ihrer Familie gibt die 16-jährige Paula Bélier (Louane Emera) den Ton an. Paulas Eltern und ihr Bruder sind gehörlos.

Trotz dieses Handicaps betreiben Mutter Gigi (Karin Viard) und Vater Rodolphe (François Damiens) einen Bauernhof. Dort packt Paula nicht nur tatkräftig mit an, die Jugendliche dient ihren Eltern auch als Sprachrohr. Egal ob auf dem Wochenmarkt, beim Frauenarzt oder bei Rodolphes Kandidatur zum Bürgermeister - überall dolmetscht die Tochter. Dabei hätte sie gern mehr Zeit für ihren Mitschüler Gabriel (Ilian Bergala) oder für die Gesangsstunden, die sie heimlich nimmt. Doch Paulas Wünsche werden nicht erhört. "Verstehen Sie die Béliers?" fand in Frankreich über fünfeinhalb Millionen Zuschauer und war in sechs Kategorien für den Filmpreis César nominiert. Mit nach Hause nahm die Statuette Louane Emera als beste Nachwuchshoffnung. Für Emera war es die erste Rolle, und sie überzeugt in Éric Lartigaus Wohlfühlkomödie nicht nur mit ihrem schauspielerischen Talent. Dank des klugen Schachzugs, Paulas Erwachsenwerden mit der Aufnahme an einer Pariser Gesangschule zu verbinden, kommt das Kinopublikum auch in den Genuss von Emeras unerhört schöner Stimme. Dieser Schachzug ist auch nötig, ist es doch in erster Linie die Musik, die die Handlung zusammenhält. Das Drehbuch lässt die nötige erzählerische Konsequenz vermissen, kann sich nicht entscheiden, wie viele Geschichten es erzählen will. Was als derbe Inklusionsklamotte beginnt, wird zum Coming-of-Age und tut gut daran. Denn Paulas musikalische Emanzipation entschädigt für manch flachen Witz und besorgt die Emotionen. Wenn das Publikum Paulas Auftritt durch die Ohren der Béliers wahrnimmt, erkennt es plötzlich schmerzlich, wie viel ärmer eine Welt ohne Töne ist. Töne, die selbst ungehört, die Familie wieder zusammenschweißen. Falk Straub Der Film startet heute im Broadway Filmtheater in Trier.

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