Filmkritik: About Schmidt

(U. M.) Der Versicherungsangestellte Warren Schmidt wird mit 66 in die Rente geschickt. Kurz darauf stirbt seine Frau. Schmidt, ein konservativer Pascha, muss nun allein klar kommen. Aber da ist noch eine Tochter, die kurz vor der Hochzeit steht. Genau das will Schmidt verhindern und macht sich auf den Weg. Sein einziger Komplize ist ein kleiner Junge in Tansania, dem Schmidt sich in Briefen offenbart. Der gar nicht glamouröse Held hat es sich im Phlegma der immer gleichen Rituale in Ehe und Beruf gemütlich gemacht, bis eben diese Burg binnen kürzester Zeit vom Schicksal geschleift wird. In bittersüßen Tönen hat das renommierte Drehbuchteam Alexander Payne und Jim Taylor den Roman von Louis Begley in eine Charakterstudie umgemünzt, die eine faszinierend unaufgeräumte Seelenlandschaft führt. Jack Nicholson ist Schmidt. Die Präzision, mit der er die kleinen Haken und Ösen zu einem ebenso selbstherrlichen wie verletzbaren Charaktergerüst vernietet, wurde zu Recht mit Golden Globe und Oscar-Nominierung belohnt. Nicholson in all seiner egomanen Verwerflichkeit und liebenswerten Schrulligkeit ist das Zentrum des Films, aber den Glanz verdankt er auch einer außerordentlichen Nebenbesetzung, die in satten Skizzen am Rande der Karikatur (Kathy Bates und Dermot Mulroney) und extremer Zurückhaltung (Hope Davis als die um Eigenständigkeit kämpfende Tochter) einen superben Kosmos menschlicher Unzulänglichkeiten aufspannt. Alexander Payne nutzt über das sichere Terrain des Kammerdramas hinaus offensiv die Möglichkeiten von Kamera und Ausstattung, um Stimmungen und individuelle Befindlichkeiten aus den Gesichtern heraus aufs Umfeld strahlen zu lassen. (Broadway, Trier)

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