Frack, Fliege, Frisur: Alles sitzt

Zwar musste das Open-Air-Konzert der "Berlin Comedian Harmonists" wegen des Unwetters am Samstag in die Europahalle verlegt werden. Aber davon abgesehen, zählte dieses Konzert zu den Höhepunkten des Mosel Musikfestivals.

 Perfekt aufeinander abgestimmt: Die „Berlin Comedian Harmonists“ begeisterten in der Europahalle ihr Publikum. TV-Foto: Hans Krämer

Perfekt aufeinander abgestimmt: Die „Berlin Comedian Harmonists“ begeisterten in der Europahalle ihr Publikum. TV-Foto: Hans Krämer

Trier. An diesem Samstagabend saß fast alles perfekt: der Frack, die Fliege, die Frisur im 30er-Jahre-Stil (nur dass Pomade heute Gel heißt), der Seitenscheitel, die Mimik, die Gestik und - am wichtigsten - jeder Ton. Die "Berlin Comedian Harmonists" gaben ihr Konzert in der Trierer Europahalle. Denn das Einzige, was an diesem Abend nicht passte, war das Wetter.

Je näher der Abend rückte, desto mehr dunkle Wolken waren am Trierer Himmel aufgezogen. Um halb sieben hatte Hermann Lewen, Intendant des Mosel Musikfestivals, dann entschieden, dass das Open-Air-Konzert vom Innenhof des Kurfürstlichen Palais in die Europahalle verlegt werden solle.

Eine absolut richtige Entscheidung. Denn ab halb neun trieb das Unwetter mit Regengüssen und heftigem Gewitter über 800 Besucher in das Hotel am Viehmarkt. Mit einiger Verspätung begrüßte Lewen die Gäste dann konsequent "im Innenhof des Kurfürstlichen Palais", was ihm die ersten Lacher einbrachte.

Und es wurde ein amüsanter Abend. Denn die "Berlin Comedian Harmonists" boten nicht nur Hörgenuss, sondern bewiesen auch komödiantisches Talent. Vor allem Olaf Drauschke, der erste Bariton, der den Part des Original-Harmonists Erich A. Collin übernahm, spielte mit einem frivolen Lächeln, dass zum verschämten Zurücklächeln zwang. Philipp Seibert (zweiter Bariton, Harry Frommermann) überzeugte mit seinem Hüftschwung, den er bei etwas anstößigen Passagen einsetzte.

Das Sextett, das sich 1997 durch das Theaterstück von Franz Wittenbrinck an der Komödie am Kurfürstendamm gefunden hatte, baute den Abend rund um die Geschichte der echten "Comedian Harmonists" auf. Diese zitierten sie aus dem Tagebuch des Gründers Frommermann.

Schnell fühlte sich das Publikum zurückversetzt in die 30er Jahre, in denen ein "T" noch wie ein "T" ausgesprochen wurde und die Oma noch Großmama hieß. Auch das für die Zeit typische gerollte "R" trug dazu bei, dass alles stimmig wurde.

Spätestens beim "Kleinen grünen Kaktus" wippten die Füße der Gäste mit. Hier und da schunkelte jemand auf seinem Stuhl. Einige summten leise mit. Nach Klassikern wie "Veronika, der Lenz ist da" oder "Ein Freund, ein guter Freund" aus dem Film "Die Drei von der Tankstelle" öffnete der Pianist Horst Maria Merz (alias Erwin Bootz) das Tagebuch mit großer Geste. Während ihn die Zuschauer gespannt ansahen, sagte er in die Stille hinein: "Pause". Der Saal lachte begeistert.

Stimmlich perfekt aufeinander abgestimmt und akzentuiert, wurde deutlich, wie sehr diese Truppe aufeinander eingespielt ist, auch wenn Rolf Randolf (Bass, Robert Biberti) den Part von Wolfgang Höltzel übernahm. Wenn Holger Off (erster Tenor, Ari Leschnikoff) oder Ralf Steinhagen (zweiter Tenor, Roman Cycowski) Instrumente vokal nachahmten, wurde auch schon mal Luft-Trompete oder Luft-Bass gespielt. Doch auch das traurige Ende der ersten Boygroup der Welt ließen die Berliner nicht aus. Die "Comedian Harmonists" mussten sich 1935 trennen, weil drei von ihnen Juden waren. Auch wenn alle sechs den Zweiten Weltkrieg überlebten, traten sie nie wieder gemeinsam auf.

Doch wie es in dem Stück "Ein Lied geht um die Welt" heißt: "Und es wird nie verklingen, man wird es ewig singen." Die "Berlin Comedian Harmonists" sorgen auch über 70 Jahre nach dem Original dafür, dass die legendären Lieder dieser sechs jungen Männer nicht in Vergessenheit geraten.

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