Friss oder stirb! Oder trink!

TRIER. Sauerstoffarmes Musikereignis: Die Toten Hosen spielen in der Trierer Messepark-Halle vor 5000 begeisterten und nass geschwitzten Fans. Der Trierische Volksfreund präsentierte das Konzert.

"Es ist schön, wieder in einer Stadt zu spielen, die genauso mies Fußball spielt wie unsere" - Zwei Tage nach dem Eintracht-Abstieg hätte sich die nass geschwitzte Schnittmenge aus Eintracht- und Hosen-Fans von Campino, Anhänger des drittklassigen Fußballvereins Fortuna Düsseldorf und Sänger der Toten Hosen, sicher eine taktvollere Begrüßung gewünscht. Doch Campino ist kein Tröster, das Konzert kein Kindergeburtstag und die Ansage, die an die 5000 Besucher geht, lässt daran keinen Zweifel: Ihre Reise hat die Toten Hosen auch diesmal wieder nach Trier verschlagen. Der Name der Tour: "Friss oder stirb!" Fressen oder sterben wollen an diesem Abend nur die wenigsten, auch wenn letztere der beiden Alternativen in der ausverkauften Messepark-Halle einfacher erscheint, als durch die klebrig dunstende Menge hindurch den Weg zum nächsten Brezelstand zu finden. Bewegung ist vorne, unmittelbar vor der Bühne, nur in der Masse möglich, die eifrig teilnimmt und dafür regelmäßig mit angetrunkenem Dosenbier versorgt wird. Nach ein paar neueren Songs kommt endlich "Alex". Was sich an Händen jetzt nicht in Richtung Hallendecke bewegt, öffnet entwedie Toilettentüren oder nimmt am Bierstand Getränke entgegen. Oder tastet sich am Hallenboden entlang. "Steh auf, wenn du am Boden liegst", singen die Hosen, die Menge grölt es mit, und wem das Aufstehen nicht gelingt, der wird draußen in zwei Versorgungszelten vom Roten Kreuz versorgt. Diagnose: Kreislaufprobleme. 65 ambulante Patienten sind es an diesem schwül-heißen Abend. Völlig normal, resümiert ein Rot-Kreuzler am Tag darauf. Kein Grund zur Sorge. Die Fans bekommen in den Zelten das, was es in der Halle schon seit Stunden kaum noch gibt: Sauerstoff. Dann gehen sie wieder rein, zelebrieren Campino, der mit seiner Band ohne viel Schnick-Schnack auf der Bühne steht, von 1000 guten Gründen, all den ganzen Jahren und von allem, das vorüber gehen wird, singt. "Ich hör da jemanden, der ständig Ballack ruft", sagt Campino. "Ich würde Euch gerne helfen, den ausfindig zu machen." Der Ballack-Freund bleibt unerkannt, lässt sich zwischenzeitlich möglicherweise mit Frischluft versorgen, bevor es der Düsseldorfer Punk-Rocker wenig später in einem Lied unmissverständlich klar stellt: "Ich würde nie beim FC Bayern München spielen". Wer Anhänger des süddeutschen Vereins ist - und davon gibt es, wie es scheint, noch mehr als Eintracht-Fans - verfällt für vier Minuten in Teilnahmslosigkeit, tut so, als höre er nicht, was da vorne gesungen wird. Warum auch nicht? Manchmal kann die schwache Hallen-Akustik von Vorteil sein, den Rest des Abends ist sie es nicht. Für die Hosen-Fans, die ein rockiges Konzert erleben, ein Übel, das sie gerne in Kauf nehmen. Ganz nach dem Motto: Friss oder stirb.

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