Fury in the Krankenhaus

Wenn der Abschied schmerzt: Die Mainstream-Rocker Fury in the Slaughterhouse werden ihren letzten Auftritt in Luxemburg so schnell nicht vergessen. Sänger Kai Wingenfelder verletzte sich beim Konzert in Esch am Knie.

Esch/Lux. "Ach, du auch hier, lange nicht gesehen." Ein Wiedersehen mit dem großen Bruder der früheren Freundin: Roman ist Fury-erfahren. Wie die allermeisten der 700 Zuschauer in der Kulturfabrik Esch. Er deutet auf Gitarrist Christoph Stein-Schneider, der zottelhaarig und mit "Rock'n'Roll ist Scheiße"-These auf seinem T-Shirt über die Bühne schlurft. "Als ich Fury zum ersten Mal gesehen habe, also 1989 in Zerf", raunt Roman, "da dachte ich, dass es Christoph vielleicht noch fünf Jahre macht." Wegen des allzu rock'n'rolligen Lebensstils, glaubte er. Eine Fehleinschätzung. Zum Glück. Zu viel Rock'n'Roll? Das wurde der Band danach kaum vorgeworfen.Zwei Jahrzehnte jenseits von Zerf

Christoph ist auch knapp zwei Jahrzehnte jenseits von Zerf quicklebendig: "Den heutigen Abend werden wir garantiert nie vergessen", so kündigt er die Zugabe "Won't forget these days" an, die spätere inoffizielle Nationalhymne jedes mittelstädtischen Abi-94-Nachtreffens. Das mag man ihm glauben. Der letzte Auftritt in Luxemburg wird anders. Anders als die 1000 davor und anders als die wenigen danach. Nur die herausragenden bleiben haften. Und die Katastrophen. Esch vereint beides. Dass es gar nicht erst - wie bei anderen Bands üblich - zum routinierten "heute hier, morgen dort"-Runtergeschrubbe von Lied und Phrase kommen kann, liegt an einem Handicap: Sänger Kai Wingenfelder verletzt sich nach einer halben Stunde bei einem Sprung. Das linke Knie knirscht, "alle Bänder durch", klagt der 48-Jährige. Das ist übertrieben. Aber zumindest musste der für gestern geplante Auftritt in Eupen wegen des "verdrehten Knies" ausfallen. Das heißt: Wingenfelder sitzt in Esch die nächsten anderthalb Stunden samt Knie-Bandage auf einem Hocker und muss sich spöttische Geriatrie-Ansagen der fünf Kollegen anhören. An Show ist für ihn nicht mehr zu denken, eher an den späteren Krankenhaus-Besuch. Die Band bügelt das Manko aus. Improvisation ist angesagt, Spontaneität. So kommunikativ hat man die Furys selten erlebt. Bei der Akustik-Version von "One Good Reason" bittet die Band die Fans aus den vorderen Reihen auf die Bühne. Das Programm ist aus Fan-Sicht über jeden Zweifel erhaben. Gerade die alten Songs gibt es vor der Fury-Auflösung im Sommer zu hören: feine Balladen wie "Trapped today..." oder "Seconds to Fall", Geradeaus-Stücke wie "Kick it out" und "Cry it out", eine Hymne wie "Every Generation got its own Disease". Gute Songs, wenn auch keine Aha-Erlebnisse in der Rockmusik. Als nette Erinnerung taugen sie allemal.

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