Genügend Pfeile im Köcher

Trier · Daniel Carter ist mit 28 Jahren schon sehr erfahren. Der Erste Kapellmeister in Freiburg stellt sich beim nächsten Sinfoniekonzert in Trier als möglicher Generalmusikdirektor vor.

 Wil der neue Generalmusikdirektor in Trier werden: Daniel Carter.TV-Foto: Martin Möller

Wil der neue Generalmusikdirektor in Trier werden: Daniel Carter.TV-Foto: Martin Möller

Foto: Martin Möller (mö) ("TV-Upload M?ller"

Trier Die Deutsche Bahn hatte mal wieder reichlich Verspätung. Da nahm sich Daniel Carter in Mannheim kurzerhand einen Mietwagen und kam rechtzeitig in Trier an zum Gesprächstermin mit dem TV. Der Freiburger Erste Kapellmeister bringt etwas Lockeres, fast Hemdsärmeliges mit. Kein Wunder: Carter, Jahrgang 1989, ist mit Ende 20 unter den verbliebenen Trierer Bewerbern um die Stelle als Generalmusikdirektor (GMD) der jüngste. Und wohl auch der unbeschwerteste.
Da erstaunt die berufliche Entwicklung des Australiers. Seine erste Stelle erhielt Carter mit kaum 20 Jahren am Opernhaus in Melbourne - noch während seines Studiums in den Fächern Klavier, Komposition, Dirigent und Repetitor. Sein künstlerisches Schlüsselerlebnis war die Begegnung mit Simone Young. Die bedeutende Dirigentin, die gleichfalls aus Australien stammt, machte Carter im Jahr 2013 zu ihrem Assistenten an der Hamburgischen Staatsoper. Carter erzählt es und gerät dabei ins Schwärmen. Eine "unfassbare Begleiterin" sei sie, dirigiertechnisch grandios und von immenser Arbeitsenergie. 22 Opern in einer Spielzeit, das sei ein Riesenstress gewesen, aber künstlerisch ungemein ergiebig. Simone Young habe ihm auch die Türen geöffnet für musikalische Quellenforschung - ein Sektor, der normalerweise bei Dirigenten ein Schattendasein fristet. So habe er in Wien die Originalstimmen zur "Toten Stadt" von Korngold wiederentdeckt.
Als Carter im Jahr 2015 als Erster Kapellmeister nach Freiburg wechselte, konnte er jedenfalls auf einen soliden Fundus an dirigentischer Praxis und Repertoirekenntnissen zurückgreifen und baute beides noch aus. Jetzt hat er sich auf die Trierer GMD-Position beworben. Und stellt sich am Samstag, 27. Mai, im Trierer Theater mit einem Sinfoniekonzert vor.
Warum er Trierer GMD werden wolle? Die Antwort fällt überraschend aus. An dieser Aufgabe interessiere ihn vor allem die menschliche Seite. Junge Leute, also die Menschen seines Alters, für Theater und Sinfonik zu gewinnen, persönliche Beziehungen herzustellen, Menschen mit Musik an ungewöhnlichen Orten zusammenzubringen, Orchestermusiker als Solisten vorzustellen und im Orchester die Kammermusik zu pflegen - das sehe er als Aufgabe an. Was Konzepte angeht, hat er zweifellos genug Pfeile im Köcher. Und den Hinweis auf die bestehenden Aktivitäten des Orchesters, die Kammermusik, das Orchesterfest, die Solo-Auftritte in "Klassik um Elf" nimmt er als Bestätigung seiner Linie. Auch Neue Musik soll zum Programm gehören - etwa Beethoven und Aribert Reimann, sagt Carter. Und nimmt mit Interesse zur Kenntnis, dass im Sommer ein Konzert mit Schönbergs "Überlebendem von Warschau" und Beethovens "Neunter" stattfinden wird.
Jetzt steht zunächst einmal das Sinfoniekonzert an; mit Mendelssohns "Athalia"-Ouvertüre, dem Klavierkonzert von Robert Schumann und der C-Dur-Sinfonie von Georges Bizet. Wie geht er mit dieser Musik um? Da stehe vor allem der Klang im Mittelpunkt - der jeweils eigene Klang der Werke, aber auch der Eigenklang des Orchesters, sagt Carter. Und umreißt mit wenigen Details, was er darunter versteht: bei Mendelssohn die große Besetzung mit Posaune, bei Schumann die Verbindung Klavier und Orchester, schließlich der helle, leichte Orchesterklang im jugendlichen Geniewurf von Georges Bizet.
Extra: DAS LETZTE PROBEDIRIGAT


(red) Drei Kandidaten sind noch in der Auswahl für die Nachfolge von Generalmusikdirektor Victor Puhl, der zum Ende der Spielzeit 2017/18 ausscheidet. Zwei Probedirigate in der aktuellen letzten Runde hat es bereits gegeben. Daniel Carter tritt nun beim Sondersinfoniekonzert am Samstag, 27. Mai, um 20 Uhr im Theater Trier an. Auf dem Programm stehen Werke von Mendelssohn, Schumann und Bizet. Es spielen das Philharmonische Orchester Trier unter der Leitung von Daniel Carter und am Klavier Nicolas Bourdoncle. Karten gibt es unter Telefon 0651/7181818.

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