Gesucht: Das Publikum der Zukunft

TRIER. Das Theater Trier nimmt mit der neuen Saison das jüngere Publikum fest ins Visier. Nicht nur der Spielplan soll verstärkt Schüler und Studenten anlocken. Zum ersten Mal beschäftigt das Haus mit Sylvia Martin eine gelernte Theaterpädagogin. Und die hat einiges vor.

Aller Anfang ist schwer. Vor allem, wenn der Telefon-Anschluss noch nicht steht, die E-Mail-Adresse streikt und die Uhr dauernd stehen bleibt. Aber Sylvia Martin macht nicht den Eindruck, als wolle sie sich von derlei Malessen den Start in Trier vermiesen lassen. Die Theater-Fachfrau leistet Pionier-Arbeit an der Mosel. Für eine kontinuierliche Kinder- und Jugendarbeit waren bislang keine Kapazitäten frei. Ansätze waren da: Es gab das Kindermärchen, eine Kinder-Oper bei den Festspielen und den Jugendclub, dem Sylvia Martin einen hohen Standard attestiert.Die Jugendlichen da abholen, wo sie stehen

Aber das Konzept der gelernten Lehrerin und ausgebildeten Theaterpädagogin ist ein anderes. Sie will unmittelbar in die Schulen wirken, das jugendliche Publikum "da abholen, wo es steht". Die Lehrer hofft sie als Verbündete zu gewinnen. An Resonanz fehlt es nicht. Zum ersten Lehrerstammtisch kamen 14 Pädagogen, bei der Vorstellung des neuen Konzepts letzten Sonntag waren es schon 25. Am Schweicher Bonhoeffer-Gymnasium arbeitet Martin an einer Theaterproduktion mit, ein Info-Verteiler für die Schulen der Region ist bereits entstanden. Mit dem Jugendclub hat das erste Treffen zur neuen Produktion "Herr der Fliegen" schon stattgefunden - ein beachtliches Programm für jemand, dessen offizielle Arbeit in Trier am 1. September begonnen hat. Aber das Programm, Titel: "Activity", läuft erst richtig an. Neben Probenbesuchen und Gesprächen soll für Schüler auch die szenische Vorbereitung von Stücken angeboten werden. Eine "aktive Auseinandersetzung mit dem Theaterstoff" erhofft Sylvia Martin auch durch das Doppelpaket "Take Two", das eine Theaterführung und einen "Schnupperkurs" zu einem ausgewählten Stück beinhaltet. Aus ihren Erfahrungen als Theaterpädagogin in Osnabrück hat die nach eigenem Bekenntnis "Theater-Süchtige" jede Menge Ideen mitgebracht. Dazu gehört ein "Jugend-Theatertag", für den Schüler (ab 14) selbst kurze Stücke schreiben und mit ihren Theater-Gruppen szenisch umsetzen sollen. Eine Jury prämiert das beste Stück, auch eine große Theater-Party gehört zum Programm. Für Juni 2005 ist die erste Auflage geplant. Auch der "offizielle" Theaterspielplan bietet reichlich Ansatzpunkte für das junge Zielpublikum. Mit "Klamms Krieg" gibt es sogar ein Stück, das eigens für Gastspiele in den Schulen konzipiert ist. "Wir sind gut gebucht", freut sich Chefdramaturg Peter Oppermann, "gleich nach der Premiere am 9. Oktober geht es los." Auch die jüngsten Besucher werden doppelt bedient: Neben dem "Weihnachtsmärchen", diesmal Konstantin Weckers Musical-Version von "Jim Knopf", gibt es im Frühjahr ein "Mäusical" mit Fernseh-Legende Metty Krings. Das Theater will vor allem die bislang klaffende Angebotslücke im "Teenie-Alter" schließen. Neben Klamms Krieg und dem Jugendclub steht dafür Kult-Autor Benjamin Lebert, dessen Roman "Der Vogel ist ein Rabe" in Trier erstmals als Theaterstück zu sehen sein wird. Symbolträchtig ist der Ort des Geschehens: Die Disco "Forum", in den 50er Jahren schon mal als Theaterspielstätte im Gespräch, bildet die ideale Kulisse. Auch beim Musiktheater sucht man Kontakt zum Nachwuchs. Orchestermusiker wollen Kostproben ihres Handwerks verstärkt in Schulen zeigen, Dirigent István Dénes wird seine Zusammenarbeit mit jungen Schulmusikern fortsetzen. Auch eine Art "Kinderoper", eventuell Wagners "Fliegender Holländer", ist angedacht. Dabei sollen sich die Aktivitäten nicht auf die Stadt Trier beschränken. "Die ganze Region ist mir wichtig", sagt Sylvia Martin. Ihren Optimismus und viel Geduld wird sie dabei allerdings brauchen: Mangels fahrbaren Untersatzes hofft sie, die Kontakte in Prüm, Bitburg, Hermeskeil oder Bernkastel mittels öffentlicher Verkehrsmittel pflegen zu können.

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