Gitte hat es in sich

TRIER. Eine Powerfrau mit riesigem Repertoire: Gitte Haenning legte auf ihrer "Johansson"-Jubiläums-Tour einen Stop in Trier ein. Ein abwechslungsreicher, spannender und unterhaltsamer Abend.

Die allermeisten der rund 120 Besucher wussten es sowieso schon vorher. Und wer nicht, dem wurde im Laufe des fast dreistündigen Abends eine gehörige Lektion erteilt: Gitte hat es in sich. Jugendlich, von Kopf bis Fuß rot-weiß gekleidet, betritt das Multitalent die Bühne in der ausgesprochen stimmungsvollen Trierer Promotionsaula. Und bringt Schwedisch-traditionelles genauso authentisch herüber wie Jazzinterpretationen oder Schlager. In spannungsgeladener Haltung und hoch konzentriert auf ihrem Barhocker sitzend, dann wieder im wogenden Takt der Musik tanzend - allein der Anblick der Frau, die ihre Musik zu inhalieren scheint, ist faszinierend. Bis in die Fußspitzen gespannt biegt sie sich im Rhythmus, fährt mit der freien Hand über ihre Oberschenkel, tänzelt bei geschlossenen Augen - dazwischen immer wieder Verbeugungen in Richtung Publikum oder ihrer Begleitung. Denn auch Matthias Kloppe (Keyboard), Michael Wollersheim (Bass), Achim Färber (Drums) und Frank Nemola (Keyboard, Trompete) zeigen am Montagabend Spielfreude und Witz. "Eine Powerfrau, schöne Atmosphäre und perfekter Klang", resümiert Besucherin Britta Konsalik-Pistol, die Gitte aus der gemeinsamen Heimat Dänemark noch anders schätzt, als sie in Deutschland vermarktet wird. Charmant und humorvoll, wie man Gitte aus den vergangenen Jahrzehnten kennt, ist die sympathisch wirkende Frau geblieben. Hierzulande mit Hits wie "Ich will 'nen Cowboy als Mann" ganz groß im Jahr 1963 beim Deutschen Schlagerfestspiel herausgekommen (800 000 verkaufte Platten), sicherte sich die heute 58-Jährige einen sicheren Platz auf dem deutschen Schlager-Markt. Seit 1954 ist Gitte im Musikgeschäft, legt als Kinderstar die erste Erfolgsscheibe "Ich heirate Papi" in Dänemark auf. Der Blondschopf ist jahrelang aus dem deutschen Musikgeschäft nicht wegzudenken und bildet zusammen mit Rex Guildo ein Traumpaar. Während ihre deutschen Single-Veröffentlichungen weiterhin niedlich-schnulzig, mitunter frech-ironisch sind, geht sie fortan verstärkt ihrer Vorliebe für den Jazz nach - einer Stilrichtung, die in ihrer Heimat Skandinavien einen großen Stellenwert genießt. Nach ihrer Scheidung von Manager und Mann Joe Geissler 1976 baut Gitte sich ein neues Image auf. Eine Jazz-Konzertreihe zusammen mit Gittes Vater Otto Haenning, einem populären dänischen Volkssänger, Ende der Neunziger entwickelt sich zu einem Selbstläufer. Nun ist Gitte mit ihrem Männer-Quartett auf Johansson-Tour, macht Werbung für ihre gleichnamige neue CD. "Ein bisschen wenig dänische Stücke sind darauf", meint sie selbstkritisch und verspricht diese für die nächste Scheibe. Doch die applaudierenden Fans in Trier stört‘s nicht. Englisch, dänisch, schwedisch, deutsch, egal - Hauptsache Gitte, die erst nach vielen Zugaben entlassen wird.

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