Goodbye, Lenin!

(T. R.) Es war ja alles anders: Coca Cola wurde in der DDR erfunden. Und als es im Herbst 1989 den Bürgern im kapitalistischen Westen so richtig schlecht ging, rissen sie kurzerhand die Mauer nieder und flüchteten in die DDR. Dort kassierten sie von den Genossen Begrüßungsgeld und begannen, sich häuslich einzurichten.So zumindest erlebt es Mutter Ker- ner (Katrin Saß), als sie im Sommer 1990 aus dem Koma erwacht. Die überzeugte Sozialistin hat die Wende und die Folgen nach einem Herzinfarkt im Krankenhaus verschlafen. Damit es nicht gleich zu einem zweiten Infarkt kommt, enthält Alex (Daniel Brühl) seiner Mutter kurzerhand die revolutionären Ereignisse der letzten Monate vor, richtet in der Plattenbausiedlung das Zimmer seiner bettlägerigen Mutter wieder so ein, wie es vor der Wende war, füllt holländische Gurken in alte Spreewaldgurken-Gläser, besorgt labbrigen DDR-Kaffee und vieles mehr.Es dauert allerdings ein wenig, bis Wolfgang Beckers neuer Film so weit ist - am Anfang erklärt er allzu viel. Doch dann ist "Goodbye, Lenin!" witzig und temporeich. Als die Mutter fernsehen will, besorgt Alex‘ Freund Denis alte Ausgaben der "Aktuellen Kamera" und fungiert schon mal selbst als Nachrichtensprecher. Immer abenteuerlicher und skurriler wird das mit Akribie und Herzblut errichtete Lügengebäude. Da funktioniert Beckers Tragikomödie am besten. Mit lakonischem Witz begleitet die Stimme von Alex als Kommentar das turbulente Geschehen. Schön sitzen Regisseur Wolfgang Beckers Seitenhiebe auf die Folgen der Wiedervereingung: Wie Menschen ihre Jobs verloren, wie "abgewickelt" wurde, wie viele Existenzen zugrunde gingen. Becker liefert nach, was oft unterging, auch durch die Euphorie der Wiedervereinigung - eine differenzierte Betrachtung der DDR. Nicht alles dort war falsch und schlecht.Doch damit nicht genug. Becker weitet den Film zum Melodram, zur großen Familientragödie aus: Ein Geheimnis der Mutter wird gelüftet - und das tut "Goodbye, Lenin" nicht gut. Schade, denn über weite Strecken haben wir uns wirklich köstlich amüsiert.

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