Große Leidenschaft für zeitlose Formen

TRIER. Eine Architektur-Institution feiert Geburtstag: Am 13. Oktober wird Professor Günter Kleinjohann 80 Jahre alt.

"Wer etwas Sinnvolles schaffen will, muss sich voll einbringen". Was Günter Kleinjohann seinen Studenten rät, hat er zeitlebens selbst beherzigt. Seit 1960 lebt und arbeitet der Architekt aus Lust am Entwerfen und Zeichnen in Trier. 1972 wurde er dort Professor an der Fachhochschule. Endlos scheint die Liste der profanen und sakralen Bauwerke, die der 1926 geborene Hochschullehrer und Baumeister allein in der Region erstellt, und was er an Wettbewerben gewonnen hat.Sein Beruf ist für ihn auch seine Berufung

1989 würdigte ihn das Land Rheinland-Pfalz mit dem Staatspreis für Architektur und Bildende Kunst. Ab 1961 war er Mitglied der bischöflichen Baukommission. In unzähligen Jurys und Beiräten, darunter der Denkmalbeirat der Stadt Trier, hat er mitgewirkt. Fest steht: Günter Kleinjohann ist hierzulande eine Institution. Wer dem gebürtigen Dortmunder mit dem markanten Kopf und dem offenen Blick in seinem Haus oben "Auf der Hill" im Stadtteil Olewig gegenüber sitzt, hat sogleich begriffen: Für Günter Kleinjohann ist Beruf Berufung im Dienst von Bauherrn, Umwelt und Baukultur. Um Nachhaltigkeit geht es dem Architekten, um Qualität ohne Schnörkel und dekorative Augenwischerei. Die Siedlung "Auf der Hill" deren 65 Reihenhäuser er geplant und gebaut hat, besteht denn auch nicht aus den üblichen Häusern von der Stange, sondern aus schön gestalteten Kuben, die sich klar gegliedert um intime Innenhöfe an den Hang staffeln. "Die Form hat der Funktion zu folgen": Bis heute gilt für den Architekten Louis Sullivans berühmtes Wort. "Natürlich ist Architektur zeitgeistlich geprägt", bestätigt Kleinjohann, "modisch darf sie indes nicht sein". Vordergründig modisch ist auch nichts im Innern seines Hauses. Für qualitätvolle Schlichtheit und zeitlos gute Form stehen die Steinwände und die Design-Klassiker im Wohnzimmer. Die klassische Moderne hat den Hausherrn geprägt. Die hatte dem Studenten der renommierten Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen sein Lehrer Hans Schwippert erstmals nahe gebracht. 1957 wechselte der diplomierte Architekt als Mitarbeiter ins Kölner Büro des angesehenen Kirchenbauers Rudolf Schwarz, der kurz vorher die Neugestaltung des Innenraums der Liebfrauenkirche in Trier abgeschlossen hatte. "Bei Schwarz wurde gründlich nachgedacht", erinnert sich Kleinjohann an den bis heute verehrten Architekten, dem er womöglich auch seine Liebe zum Kirchenbau verdankt. "Einen Entwurf zu erarbeiten, war eine harte Sache, aber Schwarz war immer für vernünftige Argumente offen. Da habe ich viel gelernt, was ich nicht missen möchte". Heute hingegen, meint der Architekt, werde bei Entwürfen zu viel geredet und zu wenig nachgedacht. Auch sonst hat er Kritisches anzumerken, wenn es um Baukunst geht. "Die Architektur ist beliebiger geworden, der Formalismus hat zugenommen"."Es fehlt an echter Qualität"

Was ihm Sorge macht: "Es fehlt an echter Qualität". Angehende Architekten zu unterrichten, macht dem leidenschaftlichen Jazz-Liebhaber, der in seiner Freizeit Tennis und Golf spielt und seit Kindertagen gerne zeichnet, immer noch Freude: "Es macht mir Spaß, mein Wissen weiter zu geben". Wobei gelegentlich auch mal eine Jazz-Vorlesung drin ist. Von fern grüßt die Mariensäule ins Zimmer. An den Hängen gegenüber grünen die Weinberge. Ob er ein Lieblingsprojekt hat? "Ich habe alle Projekte gleichermaßen ernst genommen und durchdacht", sagt Kleinjohann, "aber vielleicht das Gemeindezentrum in Saarlouis-Roden". Und natürlich liegt ihm die Wohnanlage "Auf der Hill" am Herzen. Dort haben ihm die Mitbewohner schon zu Lebzeiten ein Denkmal gesetzt. Einer der Innenhöfe trägt den Namen "Place de Petitjean".

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