Hüpfende Bögen und schwindliges Publikum

Ausdrucksstärke, Virtuosität, subtile Musikalität und großartige Technik bestimmten das Kammerkonzert des Mosel Musikfestivals im Kurfürstlichen Palais. Zu Gast war vor ausverkauftem Haus das Duo Mira Wang und Jan Vogler.

 Mira Wang beeindruckte im Kurfürstlichen Palais in Trier. TV-Foto: Gerhard W. Kluth

Mira Wang beeindruckte im Kurfürstlichen Palais in Trier. TV-Foto: Gerhard W. Kluth

Trier. Derzeit schwingt sich das Mosel Musikfestival von einem Höhepunkt zum nächsten. Erstklassige Musiker geben sich bei Hermann Lewen und seinem Team förmlich die Klinke in die Hand und hinterlassen immer wieder ein Publikum, das nur noch eins kennt, Begeisterung. Es war restlos alles vertreten, was zu einem guten Konzert gehört, als sich das Duo Mira Wang und Jan Vogler im Kurfürstlichen Palais in die diesjährige Serie der Festivalkünstler einreihten. Ausdrucksstarkes Spiel, atemberaubende Virtuosität, restlos überzeugende Interpretation, einfach alles, was letztendlich nur zu einem Ergebnis führen konnte: einem Höhepunkt. Dass Wang und Vogler beim Publikum keine Unbekannten sind, zeigt die Tatsache des ausverkauften Palais, bei dem eine große Anzahl von Zuhörern auch mit einem sogenannten Hörplatz im Treppenhaus vorliebnahmen.Schon die Sonate G-Dur, KV 423, von Wolfgang Amadeus Mozart, im Original eigentlich für Violine und Viola verfasst, ließ keinen Zweifel daran aufkommen, dass hier große Musiker das Geschehen bestimmen sollten. Sie führten einen gleichberechtigten Dialog, einen klaren und sauberen Austausch der Argumente, an dem das Publikum partizipieren konnte. Und doch waren diese drei Sätze quasi nur eine Vorstufe, ein Hinführen zu einer viel interessanteren und intensiveren Unterhaltung, die die beiden mit drei Kanons aus Johann Sebastian Bachs "Kunst der Fuge" führen sollten. Die Wissenschaft ist sich nach wie vor noch nicht einig darüber, ob dieses BWV 1080 nicht "nur" eine Kompositionsstudie Bachs darstellt. Wenn es aber so spannend, ausgereift und technisch auf so hohem Niveau interpretiert wird, ist diese Frage absolut nebensächlich. Nach einem Ausflug in die reine Virtuosität, nämlich den Variationen über "God save the King" der Belgier Joseph Ghys und Adrien Francois Servais, bei deren hüpfenden Bögen und wahnwitzigen Läufen es einem leicht schwindlig werden konnte, widmete sich das Duo nach der Pause mit Ravels Sonate für Violine und Cello einem ganz anderen Stil. Ravels Opus darzustellen, verlangt höchstes Können, ist aber nur sehr bedingt dazu geeignet, zu brillieren. Wenn es Wang und Vogler trotzdem gelang, etliche Zuhörer auf die vordere Kante des Stuhles zu ziehen, von der Musik gefangen zu sein, die Spannung, die dem Werk innewohnt, greifen zu können, dann braucht man über die Qualität, mit der die beiden zu Werke gingen, nicht mehr viele Worte verlieren. Es spricht für sich, dass sie diese Sonate in ihr Repertoire aufgenommen haben und damit so überzeugen konnten, dass das Publikum die Musiker erst nach zwei Zuga-ben entließ.

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