Heiße Rhythmen in kühler Sommernacht

Trier · Das Wetter spielte zum Auftakt der Open-Air-Konzerte des Mosel Musikfestivals im Trierer Palais-Innenhof nicht so ganz mit. Am Freitag regnete es, am Samstag fielen die Temperaturen auf zehn Grad. Heiß her ging es dennoch: Das Quartett Quadro Nuevo und die Bläser Harmonic Brass machten mit ihrer fetzigen Weltmusik wett, was an Wärmegraden fehlte.

Heiße Rhythmen in kühler Sommernacht
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Heiße Rhythmen in kühler Sommernacht
Foto: Rolf Lorig (flo), Rolf Lorig ("TV-Upload Lorig"

Trier. Beim Konzert von Maybebop am Freitag im Innenhof des Kurfürstlichen Palais regnete es kräftig (siehe Text rechts). Am Samstag hatte Wettergott Petrus zum Glück begriffen, dass die fünf Musiker von Harmonic Brass viel besser in ihre Instrumente blasen konnten als der Wind durch den Innenhof - und er gab Ruhe.
Windstill war es, als das Münchner Quintett und seine Kollegen von Quadro Nuevo im Gänsemarsch auf die Bühne spazierten. Und die fürsorglich ausgegebenen Regenumhänge blieben trocken. Dafür wärmten sie. Denn ein bisschen war es an diesem Juliabend wie in der Sahara: kalt bei tiefblauem Sternenhimmel.
Stürmisch und heiß wurde es hingegen auf der Bühne. Kaum hatte Ravels um sich selbst kreisender Bolero - die vielleicht autistischste Musik, die es gibt - die 800 Zuhörer atemlos gemacht, ging es ab auf die Straße. Federico Fellinis Filmmusik zu "La Strada" führte ins komisch-tragische Milieu der Gaukler.
Harmonic Brass bestätigten, dass sie zu den herausragenden Bläserensembles gehören. Ebenso die alte Weisheit, dass es erst die rechte Mischung macht. Richtig Pfiff bekam das Programm durch das Zusammenspiel mit Quadro Nuevo. Die vier Bayern mit dem großen Herzen für Argentinien und den Tango waren so etwas wie das Salz in der Suppe. Oder doch eher der Paprika? Jedenfalls haben sie den vertont. Eine echt heiße Nummer, wie sich herausstellte. Was nicht nur an der Musik lag, sondern auch an Nuevo-Chef Mulo Francel, einem atemberaubenden Virtuosen auf dem Saxofon und der Klarinette. Faszinierend ist auch Evelyn Huber, die aussieht wie ein Engel und dabei auf der Harfe wie der Teufel spielt.
Nicht, dass die vier Brassmusiker im Frack und ihre passend schwarz- weiß gekleidete Kollegin Elisabeth Fessler an der Trompete keinen Witz hätten. Hornist Andreas Binder ist ein Komödiant von hohen Graden, der genauso gut ins Horn bläst wie er trommeln kann. Die gewaltige Tuba seines Kollegen Manfred Häberlein versteht sich ebenso brilliant auf Elefanten wie auf Dampfloks.
Vielfarbig, flott, feurig, dann wieder gefühlvoll und immer als hinreißende Musikanten präsentierten beide Ensembles das, was man seit den 80ern "Weltmusik" nennt. Jazz, Swing und Improvisation, Altbekanntes und Neues wechselten sich in spannender Folge ab. Mackie Messer aus der "Dreigroschenoper" ließ grüßen. In einer Eigenkomposition marschierte Alexander der Große Richtung Indien, eine weitere entführte als Concerto Grande nach Italien. Aram Katschaturian ließ Säbel rasseln und Instrumente tanzen. Bei allem Feuer, Rhythmus und musikalischem Witz: Welch exzellente Musiker hier am Werk waren, machten am eindringlichsten die leisen Töne hörbar in Astor Piazzollas wehmütigem "Oblivion" (Vergessen). Viel Beifall und "Standing Ovations".

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