Hexenjagd auf Tannhäuser

TRIER. Die Jubiläumsspielzeit des Stadttheaters schließt mit einem leichten Minus: Zu den 321 Vorstellungen der abgelaufenen Saison kamen 107 700 Besucher - 3600 weniger als im Vorjahr. Kulturdezernent und Theaterleitung zeigen sich dennochzufrieden.

Die Theaterlandschaft habe "bundesweit Schwierigkeiten mit den Besucherzahlen" - so stimmte Kulturdezernent Ulrich Holkenbrink die Anwesenden bei der traditionellen Bilanz-Pressekonferenz des Theaters vorsorglich auf die Ergebnisse ein. Drei Prozent weniger Zuschauer, wollte er wohl sagen, seien ein verhältnismäßig gnädiges Resultat.Intendant Heinz Lukas-Kindermann führte das "ausgesprochen anspruchsvolle Jubiläums-Programm" und die "hohe Zahl der Premieren" als Grund für die leichte Delle an. Wegen der vielen notwendigen Proben habe man weniger Aufführungen anbieten können. "Natürlich hätte man statt der Ausgrabung Nordische Ballade auch eine Operette machen können", sagte der Intendant. Aber es entspreche "nicht dem Auftrag eines öffentlich geförderten Theaters, mit dem Speck nach den Mäusen zu werfen".In seinem Kurs sieht Kindermann sich durch die "hervorragende Präsenz in der überregionalen Presse" bestätigt. Auch das Fernsehen widme sich zunehmend dem Trierer Theater, sagte der Intendant unter Verweis auf eine 3sat-Sendung an diesem Samstag.Ein Blick auf die Einzel-Auswertung der Spielzeit zeigt, wo Stärken und Schwächen beim Zuschauer-Zuspruch lagen. Der Verzicht auf eine neue Musical-Produktion schlug ordentlich ins Kontor, und die "Hänsel und Gretel"-Resonanz blieb hinter den Erwartungen zurück - obwohl das Grimm-Märchen die stärkste Besucherzahl aller Opern zu verzeichnen hatte.Tannhäuser: So viele Besucher wie die Eintracht

Sensationell die 97 Prozent Auslastung bei "Tannhäuser", der mehr als 6000 Interessenten anlockte, immerhin nicht weniger als die durchschnittliche Besucherzahl bei Eintracht Trier.Noch ein Außenseiter, der Spitzenreiter wurde: Im Schauspiel war Arthur Millers "Hexenjagd" der Tannhäuser-Erfolgsquote hart auf den Fersen. Auch das Kinderstück "Sindbad der Seefahrer" war mit insgesamt 18 700 Besuchern der gewohnte Renner.Sergey Volobuyevs Ballettproduktionen "Coppelia" und "Notre Dame de Paris" lockten 10 500 Tanzfans an - auch daran wird sich ein Nachfolger messen lassen müssen. Schwer tut sich das Trierer Publikum dagegen mit den Wiederaufnahmen erfolgreicher Stücke: Bei "My fair Lady" und "Drei Mal Leben" blieb die Hälfte der Plätze leer. Besser ging's bei der "Zauberflöte", wohl auch dank Gaststar Thomas Kießling.Verwaltungsdirektor Werner Reichert verwies auf die gute Akzeptanz beim Orchester, die durch "mehr Konzerte, mehr Zuschauer und zusätzliche Gastspiele" dokumentiert werde.Für die Zukunft setzt Dezernent Holkenbrink angesichts wachsender Konkurrenz durch Event-Kultur oder hochkarätige Angebote in Luxemburg auf die "Treue des Trierer Publikums". Die sieht er durch immerhin 275 zusätzliche Abonnenten bestätigt. Auf intensiveres Nachfragen rückte er allerdings dann die bislang sorgsam gehütete Zahl über die Abo-Entwicklung des Vorjahres heraus: Zu Saisonbeginn 2002 hatte das Theater 600 Stammkunden verloren.Der scheidende Intendant glaubt zu wissen, wie man den Trend wenden kann: "Mit Originalität, Fantasie und ein bisschen mehr Luft beim Geld."

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