Hilfeschreie nach der Mama

KLOSTER MACHERN. Im 20. Jahr ihres Bestehens präsentierte die Capella Cusana in Bernkastel-Kues ein Programm im Kloster Machern. Mittelpunkt des Jubiläumskonzertes war eine Madrigalkomödie von Orazio Vecchi.

Böse Zungen hätten behaupten können, "der" Deutsche, "der" Sizilianer, Spanier, Franzose, Venezianer und "der" Jude seien dü-stersten Vorurteilen entsprungen. Doch dem Komponisten Orazio Vecchi ging es nicht um Boshaftigkeit, sondern um die Freude an der Vielfalt charakterlicher Spielarten. "Le veglie de Siena" ("Die Abendgesellschaft von Siena"), entstanden 1604, hat die Capella Cusana für ihre diesjährigen "Tage Alter Chormusik" in Bernkastel-Kues einstudiert und aus Anlass ihres 20-jährigen Bestehens präsentiert. Selten genug sind im Zeitalter von technischem Equipment die Gelegenheiten geworden, der Virtuosität der Stimme allein lauschen zu können. Unter der Leitung des Brasilianers Celso Antunes, künstlerischer Leiter und Chefdirigent des National Chamber Choir of Ireland in Dublin, führte der Chor die Komödie vor. Zwei höfische Abendgesellschaften spielen einige Spielchen: In der ersten Geschichte schlägt ein Prinz ein amüsantes Initiationsspiel vor, in dem der heißblütige Sizilianer am Ende hilfeheischend nach seiner Mama ruft. Der Deutsche beginnt jeden Satz mit "io io io" ("ich, ich, ich"), und der hartnäckig verliebte Franzose verliert sich fast in den Ziselierungen der eigenen Sprache. Im zweiten Teil ging es um die Liebe in all ihren Schattierungen. Mit einem Beitrag aus "Der römische Brunnen" erinnerte der Chor an den 100. Geburtstag des in Bernkastel-Kues geborenen Komponisten Hermann Schroeder. Ihre erste Probenwoche hatte die Capella Cusana 1984 an der Mosel durchgeführt. Initiiert hatte die zur festen Einrichtung rund um die Ostertage gewachsene Chorarbeit Peter Henn, der einstige Dirigent des renommierten Bonner Kammerchores. Im Laufe der Jahre haben SWR, WDR und Deutschlandfunk mehrmals die Konzerte des in dieser Formation nur im Cusanus-Stift oder im Kloster Machern zu hörenden Projektchores mitgeschnitten und gesendet. Diesmal zeichnete der SWR das Konzert auf. Als Instrumentalist begleitete der Pariser Cembalist Ilton Wjuniski die Sängerinnen und Sänger; als Moderator führte Dirk Schortemeier durch das Programm.

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