Himmlische Töne, höllisches Tempo

TRIER. Der Countdown läuft: Noch zehn Tage bis zur Premiere von "Paradise of Pain" am 6. Januar. Höchste Zeit, dass die Musik in den Mittelpunkt des Geschehens rückt. Seit einer guten Woche sind die Proben der Musical-Band im Untergeschoss des Theaters unüberhörbar.

Dass Tim Olrik Stöneberg nicht schwitzt, ist ein Wunder. Weniger, weil er von der Hölle singt, die "brutal und heiß" ist. Was ihn in Schwitzen bringen müsste, ist eher das halsbrecherische Tempo, in dem er rappend seine unterweltlichen Mitbewohner vorstellen soll. "Das ist wirklich scheiß-schnell", kommentiert ein mitleidiger Kollege den Sprechgesang, der bei einem Laien den sofortigen Kieferkrampf zur Folge hätte. Der Mann kann es beurteilen: Achim Schneider ist musikalischer Leiter der Produktion. Der studierte Cellist, leidenschaftliche Jazzer und erfahrene Musical-Macher erarbeitet seit Wochen mit den Solisten die Gesangsparts. Seit wenigen Tagen hat er endlich auch seine Band vor Ort, lauter gestandene Profis, die sich größtenteils erst im Haus kennen gelernt haben. "Wir brauchten eine Stunde, dann war klar, dass die Chemie stimmt", erzählt Schneider. Dabei kommt die Truppe aus unterschiedlichen Spektren: Gitarrist August Schrader zupft die E-Klampfe sonst bei Guildos "Orthopädischen Strümpfen", Ernie Hammes gilt als luxemburgische Jazztrompeter-Legende, Posaunist Jan Kamp gehört zur Stammformation der "Frank Nimsgern Group", Bassist Stefan Engelmann ist im Klezmer so gut wie im Jazz zu Hause. Die dickste Überraschung aber ist der junge Mann, der seinen Kopf aus dem schalldämmenden Schlagzeug-Glaskäfig herausstreckt: David Anlauff, einst mit der Hermeskeiler Formation "Gimme five" auf allen Bühnen der Region zu Hause, hat sich mit Mitte 20 schon in die Gilde der begehrten Profi-Drummer hochgespielt - mit besten Karriere-Aussichten, wie Branchenkenner munkeln. Der Sound, den die Band erzeugt, kann sich tatsächlich schon im frühen Probenstadium hören lassen. Die satten Klänge haben auch damit zu tun, dass ein von Komponist Frank Nimsgern aufgenommener "Teppich" unterlegt wird, der die Live-Musiker und -sänger unterstützt. Das hat freilich den Nachteil, dass wenig Raum zum Improvisieren bleibt und das Tempo strikt vorgegeben ist - Pech für Rapper Stöneberg. "Bis zur Premiere sitzt das", sagt der Schauspieler cool. Schwierige Aufgaben machen ihm offenkundig besonderen Spaß. Kaum leichter haben es die Tontechniker, die oben im großen Theatersaal gerade ihre aufwändige Anlage installieren. Die Trierer Firma Pro-Musik, qualifizierte Sound-Spezialisten, simulieren die Raum-Verhältnisse am Computer, um ihre Boxen optimal auf den Bedarf einzustellen. Die Band muss auf der Bühne untergebracht werden, ein Dutzend Solisten braucht funkgesteuerte Mikrophone, dabei soll tunlichst jedes Teil im richtigen Moment eingeschaltet sein, ohne andererseits Rückkoppelungen zu erzeugen. Eine "total spannende Herausforderung", sagt Elmar Hubert, der die Produktion am Mischpult fahren wird.Balance-Akt bei der Lautstärke

Am schwierigsten dürfte die Balance bei der Lautstärke herzustellen sein, wo ästhetische Welten aufeinander treffen. Was Rockfans noch viel zu leise ist, kann Gehör-Mimosen schon viel zu laut sein. "Das Zauberwort heißt Kompromiss", sagt Achim Schneider. Aber der ist nicht leicht zu finden. Beim ersten, beileibe nicht übermäßig lauten Proben-Check murmeln die älteren Herren von der theatereigenen Tontechnik schon was von "Schallschutzverordnung am Arbeitsplatz". Die comedy-reife Szene hält den Betrieb aber nicht lange auf. Die verbleibende Zeit ist ohnehin knapp genug bemessen.RARE CHANCE: Im Rahmen unserer Serie bieten Theater und TV einen exklusiven Blick hinter die Kulissen. Bei der nicht öffentlichen Hauptprobe am 4. Januar (19 Uhr) können zehn TV-Leser live Endproben-Atmosphäre schnuppern. Unter allen, die heute unter 01379/375004 anrufen (Stichwort: Guildo Horn), verlosen wir 5x2 Karten.

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