"Holt die Wäsche rein"

Was ansonsten eher verborgen bleibt, macht die Kunst in Saarburg öffentlich. Um das Hemd auf dem Leib, um Urform und Seelenleben geht es drei Künstlerinnen in einer schlüssigen Schau.

 Christine Nicolay und Dorette Polnauer mit Arbeiten ihrer Ausstellung „MonoDialoge“. Foto: Eva-Maria Reuther

Christine Nicolay und Dorette Polnauer mit Arbeiten ihrer Ausstellung „MonoDialoge“. Foto: Eva-Maria Reuther

Saarburg. Wie gut, dass der wilde Wasserfall verhindert, dass jemand Dorette Polnauer an die Wäsche geht. Über den tosenden Leukbach vor dem Saarburger Amüseum hat die Künstlerin aus Zemmer ihre bunten Hemdchen geflaggt. Rührend hilflos und ein wenig verlassen wirken die zarten Metallgewebe angesichts der Naturgewalten im felsigen Grund, so als hätte Melusine vergessen, die Wäsche rein zu holen, bevor sie wieder als Nixe abtauchte. Verlangen nach Märchen und Kunst

Oben in den Fenstern des stattlichen Baus blinken derweil Christine Nicolays Silberfolien, deren Formen auf das antike Kraftwerk im Haus verweisen. In ihrem Silberblick spiegeln sich Himmel und Häuser der Altstadt. Ein Ort, der buchstäblich nach Märchen wie nach Kunst verlangt, ist der schöne Museumsbau inmitten der wildromantischen Stadtkulisse. Schon einmal wurden hier Seile über das Wasser gespannt. Nach den Holzklaftern von Werner Müller und Sebastian Böhm (der TV berichtete) sind die kessen Wäscheteile und die blanke Folie jetzt die weibliche Art, das Spannungsverhältnis zwischen Natur und Kultur ins Bild zu setzen. Feminin und poetisch, auch mal augenzwinkernd geht es drinnen im Haus weiter. "MonoDialoge" (ein Schelm, wer das für eine typisch weibliche Gesprächsform hält ), versammelt drei künstlerische Einzelpositionen, die miteinander in Dialog treten sollen. Mit dem Dialog ist das wegen der Topografie des Hauses allerdings so eine Sache. Eher schon führen die einzelnen Werkgruppen einen Binnendialog. Am besten geht man die Schau von oben nach unten an. Das Dachgeschoss besetzt Cornelia Kurtz mit ihrer Seelenarbeit. Das Wasser, dessen Rauschen bis hier herauf dringt, trägt die Buchillustratorin zurück in die eigene Vergangenheit. Auf den Blättern eines Spiralblocks hat die ehemalige Rudersportlerin und DDR- Bürgerin in zuweilen wehmütigen Bildern Szenen ihres Ruderlebens zurückgerufen. Es ist die beiläufige Geste der abgerissenen Blätter, die anrührt und Kurtz Bildern Unmittelbarkeit und Intimität verleiht. Polnauers Hemden treffen auf Nicolays Ovale

Das Hemd steht nicht nur Dorette Polnauer näher als der Rock. Nach allen Regeln der Kunst hat die Malerin die neckischen wie nützlichen Teile für drunter und drüber kulturübergreifend dekliniert. Von Pop bis plüschig und fernöstlich reicht die bunte Palette im Treppenhaus. Im Erdgeschoss schließlich treffen Polnauers Hemden auf Nicolays Ovale. Der gestauchte Kreis, der auch in der Folie im Fenster auftaucht, ist quasi die Urform der Bildhauerin. Seine Kraftverhältnisse lotet die Künstlerin aus der Nähe von Wittlich seit langem in unterschiedlichen Materialien aus, hier als Tafelbild. "Als Künstler einen ehrlichen Weg zu gehen, ist sehr schwer", seufzt Christine Nicolay. Die Saarburger Schau ist ein überzeugender Schritt.

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