Hurra, wir leiden noch!

Ein Liedermacher ist jemand, der Lieder macht. Das klingt logisch, unschuldig und auch seltsam naiv. Denn der eine bekommt beim bloßen Begriff leuchtende Augen, während der andere an erhobene Zeigefinger denkt oder an die 9A und die Musikstunde bei Herrn Brockdorf.

Gisbert zu Knyphausen ist ein Liedermacher. Einer, der seine Rastlosigkeit und die nicht immer so goldenen Aussichten in Worte und Gitarren-Akkorde packt. Die nagende Unentschlossenheit, die Trägheit und die hassgeliebte Melancholie. Das ist alles schrecklich ich-bezogen. "Hurra, hurra, so nicht!", singt der Wahl-Hamburger und man mag antworten: Doch, genau so! Wahrscheinlich ist der Auftritt vor rund 80 durchaus euphorischen Zuschauern in der Trierer Tufa gerade deshalb so fantastisch. So sympathisch, weil sich der 29-Jährige auch von seinem halb Erkältungs-, halb Raucherhusten nicht aus der Ruhe bringen lässt und er seinen Klageschriften durchaus auch die nötige Selbstironie spendiert. Spannend, weil zu Knyphausen dosiert auch mit Dissonanzen spielt und sich die vier Bandkollegen immer im genau richtigen Moment einbringen, bevor es zu betulich werden kann. Seit Gisbert zu Knyphausen "Neues Jahr" veröffentlicht hat, weiß man zudem, wie man 2009 stilvoll an Neujahr willkommen heißen kann: "Wir rutschen tiefer und tiefer und tiefer… - ins Glück", schließt er da.

Zugleich ist das Konzert ein anderthalbstündiges Wundenlecken für diejenigen im Publikum, die mit den neuen Kettcar nichts mehr anfangen und mit Blumfeld nie etwas anfangen konnten: Nein, man ist nie allein mit seinen Gefühlen, nicht einmal in der tiefen Einsamkeit. Hurra!

hpl/bre

Andreas Feichtner

KURZKRITIK

Hurra, wir leiden noch!

Ein Liedermacher ist jemand, der Lieder macht. Das klingt logisch, unschuldig und auch seltsam naiv. Denn der eine bekommt beim bloßen Begriff leuchtende Augen, während der andere an erhobene Zeigefinger denkt oder an die 9A und die Musikstunde bei Herrn Brockdorf. Gisbert zu Knyphausen ist ein Liedermacher. Einer, der seine Rastlosigkeit und die nicht immer so goldenen Aussichten in Worte und Gitarren-Akkorde packt. Die nagende Unentschlossenheit, die Trägheit und die hassgeliebte Melancholie. Das ist alles schrecklich ich-bezogen. "Hurra, hurra, so nicht!", singt der Wahl-Hamburger und man mag antworten: Doch, genau so! Wahrscheinlich ist der Auftritt vor rund 80 durchaus euphorischen Zuschauern in der Trierer Tufa gerade deshalb so fantastisch. So sympathisch, weil sich der 29-Jährige auch von seinem halb Erkältungs-, halb Raucherhusten nicht aus der Ruhe bringen lässt und er seinen Klageschriften durchaus auch die nötige Selbstironie spendiert. Spannend, weil zu Knyphausen dosiert auch mit Dissonanzen spielt und sich die vier Bandkollegen immer im genau richtigen Moment einbringen, bevor es zu betulich werden kann. Seit Gisbert zu Knyphausen "Neues Jahr" veröffentlicht hat, weiß man zudem, wie man 2009 stilvoll an Neujahr willkommen heißen kann: "Wir rutschen tiefer und tiefer und tiefer… - ins Glück", schließt er da. Zugleich ist das Konzert ein anderthalbstündiges Wundenlecken für diejenigen im Publikum, die mit den neuen Kettcar nichts mehr anfangen und mit Blumfeld nie etwas anfangen konnten: Nein, man ist nie allein mit seinen Gefühlen, nicht einmal in der tiefen Einsamkeit. Hurra! hpl/bre Andreas Feichtner

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