IHK nimmt die Stadt unter Beschuss

Trier · Die Trierer Industrie- und Handelskammer sieht in den Antikenfestspielen 2009 angesichts „nicht erfüllter Mindestanforderungen“ keinen Sinn. Und nicht nur dort ist man mit Verwaltung und Stadtrat unzufrieden: Vom geplanten „Bürgerhaushalt“ hält man ebenfalls wenig.

(DiL) Seit den Tagen des markigen Ex-Vorsitzenden Wolfgang Natus ist die IHK nicht mehr so deutlich geworden. In einem Brief an OB Jensen und Kulturdezernent Holkenbrink erinnert man an das vor zwei Jahren abgegebene Versprechen der Stadt, die Antikenfestspiele längerfristig zu planen, sich um die nutzungsrechtlichen Voraussetzungen im Amphitheater zu kümmern, für eine tragfähige finanzielle Ausstattung zu sorgen und ein ergänzendes Sponsoringmodell zu entwickeln. Aber statt der ausgegebenen Devise „Richtig oder gar nicht“ und den seinerzeit avisierten kurzfristigen Lösungen habe man für 2009 nur eine „viel zu späte Ankündigung“ und ein Programm zu bieten, „das die Mindestanforderung für ‚richtige' Festspiele nicht erfüllt“.

IHK-Geschäftsführer Arne Rössel, seit Jahren um die Zukunft der Festspiele bemüht, sieht nur noch eine Option: Die Planungen für 2009 auszusetzen und sich mit Hochdruck an die Planung für „richtige“ Antikenfestspiele im Jahr 2010 zu machen. Sauer ist die Kammer auch über die städtische Linie, „privatwirtschaftlich agierenden Konzertveranstaltern im Amphitheater keinen Raum mehr zu geben“. Man sei „verwundert“ über diese „nicht gerechtfertigte Entscheidung“ und bitte um „erneute Prüfung“. Die Sorgen der Kammer gelten aber nicht nur dem einstigen Aushängeschild Antikenfestspiele. Nachdem man kürzlich bereits deutliche Kritik am schleppenden Umsetzungsprozess des Schulentwicklungskonzeptes geübt hatte, gerät nun ein weiteres kommunalpolitisches Projekt ins Visier.

Man sehe „mit nicht geringer Skepsis“ die Überlegungen, in Trier einen „Bürgerhaushalt“ einzuführen, heißt es in einem Schreiben an die Stadtrats-Fraktionen. Die finanzielle Situation der Stadt sei „nicht dazu angetan, durch derartige Beteiligungen weitere Begehrlichkeiten finanzieller Art zu wecken, die dann nicht erfüllt werden können“.

IHK-Empfehlung: Bessere Transparenz des Haushalts


IHK-Präsident Peter Adrian verweist darauf, dass sich die Haushaltsplanung schon heute „in einer Dimension befindet, die eine zeitnahe und korrekte Erstellung zu einem sehr ehrgeizigen Projekt werden lässt“. In der Tat war der letzte Haushalt erst mit halbjähriger Verspätung genehmigt worden. Die IHK empfiehlt, lieber die Öffentlichkeitsarbeit in Sachen Haushalt zu verbessern und so für eine bessere Verständlichkeit und Transparenz bei den Bürgern zu sorgen. Oberste Priorität müsse ohnehin der Aufstellung eines mittelfristigen Planes gehören, „mit dem die Stadt Trier aus ihrer desolaten Haushaltssituation aus eigener Kraft herauskommt und so Handlungsspielraum für Zukunftsinvestitionen gewinnt“. Wo man Einsparmöglichkeiten im Etat findet, dafür hat die IHK einen Tip: Eine „Schlüsselrolle“, heißt es süffisant, „dürfte sicher dem Personalaufwandsbudget zukommen“. sve/neb „Ein Programm, das die Mindestanforderungen für ‚richtige' Festspiele nicht erfüllt.“ Aus dem Brief der IHK an OB Jensen und Kultur-Dezernent Holkenbrink

Meinung

Von Dieter Lintz

Verständlicher Frust

IHK-Präsident Adrian und sein Geschäftsführer Rössel gehören nicht zu den Lauten im Lande. Umso mehr müssen ihre Mahnungen den Verantwortlichen in den Ohren klingen. Sowohl bei den Festspielen wie bei der Schulentwicklung hat die Stadt die Kammern gebeten, sich zu engagieren und ihr Knowhow einzubringen. Verständlich, dass der Frust groß ist, wenn man das Gefühl hat, seine Zeit verschwendet zu haben, weil es bei der Stadt an Stringenz und und Kompetenz fehlt. Auch in Sachen Bürgerhaushalt sind die Befürchtungen der IHK nachvollziehbar. Aber die Beteiligung der Bürger führt, wenn das Verfahren gut läuft, nicht zwangsläufig zu mehr Begehrlichkeiten. Es kann den Menschen auch die Grenzen finanzieller Möglichkeiten deutlich machen und Verantwortungsgefühl fördern. Da sollte man das Kind nicht mit dem Bad ausschütten.
d.lintz@volksfreund.de

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