"Ich bin ein Mann"

Eine eindrucksvolle Stimme des schwarzen Amerika zeigt derzeit das Mudam in Luxemburg. Als Wanderausstellung aus Toronto "Some change" ("ein wenig ändert sich") präsentiert das Haus Arbeiten des Malers und Konzeptkünstlers Glenn Ligon.

Luxemburg. Sein Selbstporträt zeigt einen kahl rasierten dunkelhäutigen Hinterkopf über einem breiten Nacken. Glenn Ligon kommt aus der Bronx, einem New Yorker Stadtteil, in dem nur überlebt, wer einen dicken Schädel und einen Stiernacken hat. Glenn Ligons Nacken war stark genug. Heute ist der 1960 geborene schwarze "underdog" einer der interessantesten Künstler Amerikas. Hierzulande war sein Werk auf der Documenta XI zu sehen. Sexualität, Geschlecht, Rassismus

Mit den eigenen afroamerikanischen Wurzeln, mit Fragen der Sexualität und des Geschlechts, mit Rassismus, Drogen und gesellschaftlichen Minderheiten setzt sich der Amerikaner in seinem Werk auseinander. Glenn Ligon ist ein bildkünstlerischer Ich-Erzähler von großer Eindringlichkeit. "Wir sind schwarz und stark": Aus der Provinz der eigenen Befindlichkeit berichtet der Amerikaner von schwarzer Kraft und Selbstbewusstsein, aber auch von deren Demütigung, Missachtung und Verleugnung. Die Luxemburger Ausstellung gibt einen Überblick über das vielfältige Werk des Amerikaners, der häufig literarische Vorlagen und Fototexte etwa von James Baldwin verwendet. Sein multimediales Spektrum reicht von der abstrakten Malerei über Bildhauerei und Objektkunst bis hin zu Video, Licht- und Konzeptkunst. Im Wesentlichen umfasst die Schau zwei Säle, die allerdings in der Präsentation ein erhebliches Gefälle aufweisen. Als gelungenes Ensemble eint der erste Raum Ligons Selbstporträt und Fotos vom berühmten "Marsch der Millionen" mit den großartigen abstrakten "Kohlestaub Gemälden", zu einer eindrucksvollen "Black Box" des schwarzen Selbstverständnisses. Das ist durchaus zwiespältig: "Nicht immer fühle ich mich schwarz". Neben dieser ausgesprochen starken Inszenierung wirkt der Raum daneben wie ein blasses Sammelsurium. Zwar decken die ausgestellten Arbeiten die wichtigsten Werkgruppen ab, dennoch fehlt es dem Arrangement an Spannung. Ging es nebenan um Stärke, so geht es hier eher um Trauma und Therapie. Inspiriert von den historischen Vermisstenanzeigen für entlaufene Sklaven beschäftigt sich Ligons Serie "Runaways" mit dem Elend der Sklaverei. Potenzwahn und die Legende von der nie versagenden schwarzen Manneskraft werden über die obszönen Witze des schwarzen Komikers Richard Pryor aufgearbeitet. Die Frage nach der eigenen Identität stellt zudem das berühmte Porträt des rotlippigen militanten Bürgerrechtlers Malcolm X, das ebenfalls in der Ausstellung vertreten ist. Bis 18. Februar 2008, täglich 11-18 Uhr, Mi 11 bis 20 Uhr, Di geschl., Tel.: 00352/4537851, www.mudam.lu

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