"Ich habe noch nie Party gemacht"

Sie werden langsam zu richtigen Stammgästen in der Region: Die Ärzte treten beim Jäzzfest Open-Air am 13. August in Losheim auf. Im TV-Interview verrät Sänger und Gitarrist Farin Urlaub, wie die Tour zuletzt gelaufen ist.

Losheim. (red) Sie ist seit über einem Vierteljahrhundert im Geschäft, die "beste Band der Welt": Die Ärzte füllen dabei heute noch spielend die größten Hallen und Festivalgelände des Landes. Vor dem Auftritt in Losheim sprach TV-Mitarbeiter Marko Völke mit Farin Urlaub. Hat sich Euer Tourleben heute im Vergleich zu euren "wilden Jahren" stark verändert?Farin Urlaub: Der Luxus hat sich natürlich total geändert. Ganz früher gab es Autobahn-Essen, Flips aus der Tüte, selbst gemachte Spaghetti - und das jeden Tag auf einer dreiwöchigen Tour. Dafür waren die Entfernungen viel kleiner. Wir sind von Kleinstadt zu Kleinstadt gefahren. Mittlerweile ist das so: Wir spielen zum Beispiel in Bielefeld, fahren dann über Nacht acht Stunden nach Luxemburg - denn der Bus ist ja nicht so schnell. Da fragt man sich: Warum sind wir jetzt eigentlich so berühmt, wenn das immer so anstrengend ist? Aber dafür haben wir ein Super-Catering dabei, eigene Garderoben, die sauber sind, und Leute, die sich um uns kümmern, also uns quasi alle Wünsche von den Augen ablesen. Das ist schon toll.Und wie sieht's mit den Partys nach den Konzerten aus?Urlaub: Bei den anderen hat sich das wahrscheinlich verändert. Ich habe dagegen noch nie Party gemacht. Für mich ist das Konzert die Party. Ich muss danach nicht noch feiern. Aber die anderen sind ruhiger geworden. Das Problem ist ein gesundheitliches: Wenn du jede Nacht feierst, kannst Du auf der Bühne nicht mehr alles geben. Bist du mal vor 500 Leuten schlecht, ist das schon doof. Wenn du das vor 10 000 bist, merken sie sich das. Deswegen sind wir lieber spießig und spielen schöne Shows.Kommt man, wenn man so lange wie Ihr zusammen unterwegs ist, nicht auch mal an den Punkt, an dem man sich nicht mehr sehen kann?Urlaub: Es gibt schon Befindlichkeiten, aber wir wissen mittlerweile total gut, wie wir damit umgehen. Wir haben gelernt, uns einerseits als Gruppe gegen den Rest der Welt zu definieren, uns andererseits aber auch persönliche Freiräume zu lassen. Was meines Erachtens auch total wichtig ist, wenn man so lange zusammen ist. Man weiß: Jetzt braucht der mal nen halben Tag seine Ruhe. Du hast in einem Interview gesagt, dass du in Deiner Jugend Punker warst, aber kein Ventil hattest, Punk zu sein...Urlaub: Das hängt damit zusammen, wo ich in Berlin gewohnt habe. Du bist schnell überall auf Ablehnung gestoßen, hast aber auch schnell mal ne Maulschelle riskiert. Es war nicht so wie heute, wo allen klar ist: "Der Junge ist jetzt Punk, das ist eine Phase, die vorbei geht." Damals haben die so genannten Spießer das zum Teil total persönlich genommen, weil man ihre Art zu Leben offensichtlich angezweifelt hat. Das Problem ist: Das heute zu erzählen, klingt so etwa wie wenn Opa vom Krieg erzählt. Es ist nicht so, dass ein paar Parameter anders waren, sondern es war alles völlig anders. Jetzt ist Punk eine etablierte Subkultur mit total festen Regeln. Du kannst dir quasi Punksein innerhalb von ein paar Stunden aneignen: Du kaufst dir die passenden Sachen, schneidest Dir die Haare und färbst sie, kaufst Dir die und die Tonträger und dann hast du - zumindest äußerlich - alle Attribute des Punks erfüllt. Damals war das, zumindest in meinen naiven Augen anders...Was unterscheidet die Ärzte auf der Bühne von dem privaten Farin, Bela und Rod?Urlaub: Wir sind zu Hause natürlich nicht so laut und überdreht. Das hat aber auch viel mit dem Adrenalin auf der Bühne zu tun. Man darf nie vergessen, dass da drei Kunstfiguren stehen. Zwar sympathisch und nicht komplett aus den Fingern gesogen - denn sie tragen viele Züge unserer echten Charaktere - aber es sind trotzdem nur Kunstfiguren. Die sind wir zu Hause nicht. Da würden uns unsere Lebens-Abschnitts-Partner auch ziemlich auslachen. Inwiefern unterscheidet sich euer Open-Air-Programm von dem Eurer Hallen-Tour?Urlaub: Mal gucken. Das kommt auch darauf an, wie viel Zeit wir haben. Losheim ist ein normales Ärzte-Konzert, nur Open-Air. Wenn wir auf Festivals gehen, müssen wir das Programm natürlich kürzen - drei Stunden hält nach einem ganzen Tag in der Sonne oder im Regen keiner mehr aus.Wie geht's nach der Tour mit den Ärzten und Dir weiter?Urlaub: Dann wird es wahrscheinlich ein bisschen ruhiger um die Ärzte. Ich bringe im Herbst ein neues Racing-Team-Album raus und gehe wieder auf Tour (er spielt am 6. Dezember in der Arena Trier). Karten gibt es in den TV-Presse-Centern Trier, Bitburg und Wittlich, unter der TV-Tickethotline 0651/7199-996 sowie unter www.volksfreund.de/tickets.

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