"Ich muss niemandem etwas beweisen"

TRIER. Remake eines Klassikers: Heute, 5. Januar, zeigt das ZDF neue Komödie von Doris Dörrie "Ein seltsames Paar" um 20.15 Uhr. Der TV sprach mit Darsteller Heiner Lauterbach.

Mit der Paraderolle des Chaoten Oskar waren Sie bereits 120 Mal im Theater zu sehen. Wie groß war die Herausforderung, das Ganze jetzt noch einmal im Film zu spielen? Lauterbach: Die Herausforderung sollte immer gleich groß sein. Das ist schließlich mein Beruf und ich versuche, ihn so gut zu machen wie es mir möglich ist. Dieser Film war bestimmt keine leichte Übung. Doris Dörrie hat den Originaltext von Neil Simon deutlich verändert und die Handlung auf deutsche Verhältnisse übertragen. Durch die Verwendung der DV Technik kam es zu einer ziemlich anderen Darstellung durch Bühne und Kamera. Erschwerend kam hinzu, dass der Uwe und ich dieselben Rollen noch jeden Abend im Theater spielen mussten, um am nächsten Tag wieder mit den Hühnern aufzustehen."Ein seltsames Paar" war die erste Zusammenarbeit mit Ihrem alten Freund Uwe Ochsenknecht seit fast 20 Jahren. Lauterbach: Wir sind beide älter geworden, die Gesellschaft hat sich seit den 80ern enorm verändert. Trotzdem war es manchmal ein Gefühl wie gestern, wenn die Doris den Set betreten hat.Zeigen Sie mit dem verlotterten und trinkfreudigen Bilderbuchmacho Oskar ein Männerbild von früher, sozusagen ein Auslaufmodell?Lauterbach: Ich glaube, dass sowohl der Oskar als auch der Felix in die heutige Zeit genau so gut hineinpassen wie in die 60er. Autor Neil Simon hat ja die Grundelemente einer Komödie benutzt, indem er zwei unterschiedliche Charaktere aufeinander prallen ließ. Der Witz ergibt sich praktisch von selber.Ein Kritiker schrieb über Ihre Rolle: Heiner Lauterbach spielt sich selbst. Würden Sie zustimmen? Lauterbach: GottseiDank habe ich das nicht gelesen! Das, was man als Schauspieler von sich selber nehmen kann, sollte man tunlichst versuchen umzusetzen. Weil es zur Natürlichkeit und zum Selbstverständnis beiträgt. Wobei gerade das Authentische nicht so einfach ist wie man sich das vielleicht vorstellt.Bekommen Auszeiten mit zunehmendem Alter eine größere Bedeutung? Lauterbach: Der Zahn der Zeit macht bekanntlich vor keinem Halt. Heute kann man einfach nicht mehr so locker los-tigern wie früher. Bei den Dreharbeiten von "Ein seltsames Paar" war das erst recht nicht möglich. Ich könnte wahrscheinlich auch ganz ohne Arbeit sein. Deshalb werde ich jetzt kürzer treten und meine Aktivitäten auf einige ausgewählte Highlights beschränken.Sie möchten nicht zu denen gehören, die selbst mit 70 noch nicht loslassen können. Welche Alternativen bieten sich an? Lauterbach: Sich um die Familie und die Freunde zu kümmern ist auch sehr schön. Ich habe zwar schon früher gern mit meinen Freunden gefeiert, nur hat die Familie oft darunter leiden müssen. Heute, wo ich mich meinem Alter entsprechend fühle, mache ich lieber Musik mit Freunden oder schreibe an meinem Drehbuch, einer Liebeskomödie. Seit geraumer Zeit sitze ich auch an meiner Lebensgeschichte - nicht erst im Zuge dieser Memoiren-Welle. Wer weiß, ob die Aufzeichnungen überhaupt veröffentlicht werden. Ich tue das nämlich vorzugsweise für meine Kinder. Weil ich dergleichen gerne auch von meinem Vater und Großvater gehabt hätte.Seitdem haben Sie unter anderem auch Personen der Zeitgeschichte gespielt, darunter den legendären Verleger Axel Springer. Angeblich liebäugeln Sie auch mit der Rolle des Fußballstars Franz Beckerbauer... Lauterbach: Ach... Mit der Zeit wird man ruhiger und will nicht mehr an jedem Rad mitdrehen. Irgendwie bin ich immer in meine Rollen reingerutscht. Meine Frau ist da ganz anders. Die würde mich eher puschen als bremsen.Welche Rolle spielen Frauen in Ihrem Leben? Lauterbach: Das kommt ganz darauf an. Im Prinzip ist es wie mit Autos: es gibt solide und es gibt extravagante. Oder wie bei einer Rollenauswahl: Als Charakterdarsteller versuche ich möglichst alle zu spielen. Frauen sind an Tragödien genauso Schuld wie an den schönsten Momenten im Leben. Schon allein die Kinder haben wir ihnen zu verdanken. Der Fernsehfilm hat heute eine schwere Ausgangsposition. Er muss mit Casting-Shows, Container-Shows und Comedy-Shows konkurrieren. Lauterbach: Ich hoffe, dass sich die Fernsehmacher besinnen und an der völligen Verblödung nicht teilhaben wollen. Im Moment ist die Tendenz allerdings eher sinkend. Das beunruhigt mich natürlich. Weil ich diese Verflachung als eine aktive Bedrohung meines Arbeitsfeldes werte. Gleichzeitung auch als aktive Bedrohung unserer Gesellschaft. Aber nicht nur aus massentherapeutischen, sondern aus puren egoistischen Gründen suche ich stets nach guten Produktionen.Mit Heiner Lauterbach sprach unser Mitarbeiter Olaf Neumann.

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