"Ich weiß nicht, ob Sie's wussten…"

Dass das merkwürdige Verhalten eines paarungsbereiten Paderborners einen ganzen Saal zum Toben bringt, ist ein spezielles Phänomen. Mit seinem aktuellen Bühnenprogramm "Sex oder Liebe" hat Rüdiger Hoffmann in der Trierer Europahalle bei knapp 600 Zuschauern für Hysterie und einen Hauch Romantik gesorgt.

Trier. Sein berühmtes "Ja hallo erstmal" hat Rüdiger Hoffmann noch nicht zu Ende gesprochen, schon erntet er die ersten Lacher. Aber davon ist er weg, sagt er. Passt eben nicht zum Rockstar, der gerne einen Fernseher aus dem Fenster werfen würde, wenn er "richtig ausrastet". Dumm nur, wenn er in Ermangelung dessen auf einen Gartenstuhl aus Plastik zum Aggressionsabbau zurückgreifen muss ("Und der hat sich gewehrt"). Gerne würde man in diesem Moment einwerfen: "Ich weiß nicht, ob Sie's wussten, Rüdiger, aber ein Rüpel sind Sie nicht." Nicht er, der Mann, der die Langsamkeit des Sprechens erfunden hat. Der Mann, bei dem selbst der höflichste Mensch ab und an den Drang verspürt, seine Sätze für ihn zu beenden. Verbale Trantütigkeit hin oder her, das Timing des Paderborners stimmt. Seine Nummern, die an diesem Abend unter dem Motto "Sex oder Liebe" stehen, trägt der Bühnenprofi gekonnt vor. Eine für Rüdiger Hoffmann fast schon abnorme Temposteigerung erfährt der Zuschauer, wenn der Paderborner sich ans Keyboard setzt und singt. Ein Hauch Romantik macht sich breit unter den roten Scheinwerfern, aber damit hat der Rüdiger es nicht so ("wenn ich romantisches Licht will, dann geh' ich auf die Straße und warte bis die Ampel rot wird"). Er komme eben aus Paderborn, lautet die nüchterne Erklärung. Und das ist nur eine von vielen, mit der Rüdiger einer von vielen sein (Un-)Verständnis von Romantik näher bringt. Denn Näherkommen ist nicht. Für Rüdiger ist der Beischlaf in etwa so weit entfernt wie die Erde von der Sonne. Und wenn Letztere rot leuchtend im Meer versinkt, philosophiert der Hobby-Physiker lieber über Lichtbrechung, als "Dingens" (seine Freundin Inge) die Liebe einzugestehen. Ein Kompliment bringt der Unromantiker schließlich doch noch zu Stande: "Wenn Du strahlst, dann strahlt nicht nur die Sonne, dann können Deine Gesichtszüge auch nicht mehr von Überwachungskameras telemetrisch eingefangen werden." Und genau so verpasst der paarungsbereite Rüdiger dann auch genau den Moment, in dem bei mehr Sinn für Romantik auch mehr drin gewesen wäre, profaner Sex zum Beispiel. Aber Rüdiger kann auch "süß". Etwa glaubhaft beteuern, dass die Frau an seiner Seite, die sich mit dem Lastenaufzug zur Küche bewegt, um sich einen Mett-Igel für 20 Personen zuzubereiten, "überhaupt nicht" dicker geworden ist. Oder freiwillig auf seine Mau-Mau-Runde mit Gisbert verzichten, weil er einen Auftritt in Trier hat. Der Metropole, die bei einem Europa-Trip gleich nach Paris und London bereist würde. Für das Trierer Publikum bestehen hier keine Zweifel. Am Ende dieses äußerst unterhaltsamen Abends bedankt sich Rüdiger Hoffmann artig mit legendären Zugaben wie "Elfi" und einem ernst gemeinten "Es war mir eine Ehre, für Euch spielen zu dürfen" nach rund zweieinhalb Stunden von der tobenden Menge. Und für den Fall, dass Sie es nicht wussten, Rüdiger: Es war uns eine Ehre, Sie bei uns gehabt zu haben…

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