"Ich wollte bloß witzig sein"

Trier · Caroline Stolz mag Slapstick. Das sollte der Zuschauer ihrer aktuellen Inszenierung auch. In der Komödie "Der Vorname", die am Samstag im Großen Haus vor einem begeisterten Publikum Premiere feierte, bietet die Regisseurin eine Art Best-of dieses Stilmittels.

 Das sieht nicht nach einem harmonischen Familienessen aus:Claude Gatignol (Christian Miedreich), Elisabeth Garaud-Larchert (Barbara Ullmann) und ihr Gatte Pierre Garaud (Klaus-Michael Nix) sind entsetzt, als sie hören, wie Vincent Larchet (Tim-Olrik Stöneberg) seinen Sohn nennen will. Foto: Marco Piecuch

Das sieht nicht nach einem harmonischen Familienessen aus:Claude Gatignol (Christian Miedreich), Elisabeth Garaud-Larchert (Barbara Ullmann) und ihr Gatte Pierre Garaud (Klaus-Michael Nix) sind entsetzt, als sie hören, wie Vincent Larchet (Tim-Olrik Stöneberg) seinen Sohn nennen will. Foto: Marco Piecuch

Trier. Der Name prägt oft das Schicksal des Trägers. Ungeahnt häufig gibt er die Richtung im Leben vor. Ein Jasper oder eine Ann-Dorit dürften eher FAZ-Redakteur werden als ein Maik oder eine Chantal. Und im Vorstand der Deutschen Bank werden wohl auch nie ein Kevin oder eine Cheyenne sitzen. Unser Vorname soll sogar Auswirkungen auf unser Liebesleben haben, wie der Beziehungscoach Clemens Beöthy in seinem Buch "Heirate niemals einen Udo" behauptet. Welche zwischenmenschlichen Folgen die Benennung eines Kindes nach dem schlimmsten Massenmörder haben kann, zeigt das Stück "Der Vorname" von Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patellière.
´Vorm Essen wird abgerechnet



Der Streit zwischen Pierre Garaud (Klaus-Michael Nix) und Vincent Larchet (Tim Olrik Stöneberg), der zu Provokationszwecken verkündet hat, sein Kind auf den Namen "Adolf" taufen zu lassen, ist jedoch nur der Brandbeschleuniger, der aus schwelenden Problemen ein Großfeuer werden lässt, bei dem nur verbrannte Erde übrig bleibt. Der Abend beim Ehepaar Garaud, das den Schwager und Bruder samt schwangerer Partnerin (Alina Wolff) sowie den gemeinsamen Freund Claude (Christian Miedreich) zu Gast hat, ist nicht mehr zu retten. Jeder hat dem anderen einiges zu sagen, was offensichtlich schon lange heraus musste. Und das alles, weil Vincent, wie er später bekennt, bloß witzig sein wollte.
Die Aufführung besteht aus drei stilistisch und thematisch unterschiedlichen Blöcken: Im ersten werden die Figuren eingeführt - unnötigerweise zum Teil auch durch eine Stimme aus dem Off (Vincent). In dieser Phase stehen Figuren- und Situationskomik im Vordergrund. Beispielsweise versucht Pierre, Claude aus dem Mantel zu helfen, ohne dass dieser seine mitgebrachte Weinflasche und seinen Instrumentenkoffer loslässt. Clowneske, sich auch wiederholende Gags mit Stolperern, übertrieben vielen Begrüßungsküsschen und dergleichen bestimmen den ersten Teil.
In der anschließenden Diskussion nehmen sich die Darsteller etwas zurück und lassen der Sprachkomik den Vorrang. Ein schauspielerisches Highlight ist dennoch ein ausgedehntes Hysteriefeuerwerk von Pierres Gattin Elisabeth (Barbara Ullmann), das starken Szenenapplaus erhält. Ullmann findet nicht nur hier das richtige Maß. Trotz einer wunderbar grotesk toupierten Frisur wie bei Deborah Harry in "Hairspray" spielt sie besonders nuanciert und damit am komischsten.
Zum Finale, in dem sich das Stück in eine Boulevardkomödie und leider auch manche Figur verwandelt (der feinsinnige Claude, der unter Druck stets einen affigen Schluckauf bekommt, entwickelt sich zum geilen Bock), lässt die Regisseurin Caroline Stolz wie schon 2013 in "Der nackte Wahnsinn" ihrem Faible für Slapstick freien Lauf. Zu Mireille Mathieus "Es geht mir gut, merci chéri" entwickelt sich ein - manchmal etwas steifes - Handgemenge, bei dem Stolz wohl eine Saloon-Prügelei in einem Bud-Spencer-Western vor Augen hatte. Essen fliegt durch die Luft, und es geht einiges zu Bruch. Auch ein gewaltiger Kronleuchter spielt dabei eine "tragende Rolle". Der Bühnenbildner Jan Hendrik Neidert und sein Team haben hier und vor allem bei dem zentralen, überdimensionalen Sofa, das die Figuren wie Kinder erscheinen lässt, gute Arbeit geleistet.
Nach 90 Minuten - Stolz hat das Stück etwas gekürzt - erheben sich viele Besucher im fast ausverkauften Großen Haus von ihren Sitzen, um im Stehen zu applaudieren. Geht es nach der Reaktion des Premierenpublikums, könnte die Komödie ein Renner in den letzten Wochen der aktuellen Spielzeit werden.
Weitere Termine: 28. April, 3., 9., 13., 22. Mai, 14. Juni. Karten unter Telefon 0651/718-1818.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort