Im Westen nichts Neues

TRIER. In den USA bricht Michael Moores Anti-Bush-Film "Fahrenheit 9/11" zahlreiche Rekorde. Am Donnerstag lief der umstrittene Streifen in Deutschland an. Die Besucher in Trier konnte er nicht (mehr) schocken.

George W. Bush wurde unrechtmäßig zum amerikanischen Präsidenten ernannt, log bei den Gründen zum Angriff des Iraks und kümmert sich vornehmlich um das Wohl des heimischen und saudi-arabischen Geldadels. Die Medien - vor allem die europäischen - berichteten über diese nicht nur moralischen Verfehlungen. Der Autor, Regisseur und erklärte Regierungsgegner Michael Moore fasst in seinem unkonventionellen Dokumentarfilm "Fahrenheit 9/11" die Machenschaften von Bush und seinen Freunden und Verwandten zusammen. Fehler und falsche Behauptungen konnten Moore trotz größter Bemühungen der Protagonisten nicht nachgewiesen werden. Skepsis ist jedoch immer angebracht. "Der Film drückt teilweise in eine bestimmte Richtung", sagt Casper Bonfig (27) nach der ersten Abendvorstellung in Trier. "Er manipuliert ein bisschen." Dennoch sehe er jetzt "einige Dinge kritischer". Von einem "Propagandafilm im positiven Sinn" spricht Andrea Buhl (27) aus Regensburg. Ihre Freundin Sophie Friedrich (23), mit der sie gerade über den Film diskutiert, meint, dass man nicht vergessen solle, sich eigene Gedanken zu machen. Eigene Gedanken haben sich die Besucher aber offenbar schon vorher gemacht. Die Zuschauer in Trier zeigen sich gut informiert. "Ich habe nicht viel Neues erfahren", sagt Dieter Kohlbrecher (48) aus Konz. "Das meiste hat man schon anderswo gesehen oder gelesen." Auch Hans-Jörg Straub sei "nicht sonderlich überrascht" gewesen. Zur Wissensbereicherung und Meinungsbildung zog es die Befragten also nicht ins Kino. "Ich hatte vorher schon ein bestimmtes Bild von Amerikanern", so Sandra Wintrich (27). "Es ist einfach interessant, dass das ein Amerikaner gemacht hat." Weniger das "Wer" als das "Wie" bewegte Straub zum Kinobesuch. "Ich wollte sehen, wie der Film gemacht ist.""Das Ironische rüttelt die Leute auf"

Die ironisch-spöttische Darstellung kommt bei den Zuschauern gut an. "Es ist die richtige Mischung aus Unterhaltung und Emotion", findet Kohlbrecher. "Mit Provokation erreicht man die Leute, und es bleibt etwas hängen." Und Wintrich glaubt, dass "bei einer reinen Dokumentation nicht so viele Menschen ins Kino gehen" würden. "Das Ironische ist gut gemacht", fügt Buhl hinzu. "Das rüttelt die Leute auf." Bewegen tut "Fahrenheit 9/11", der unter anderem mit der Goldenen Palme in Cannes ausgezeichnet wurde, in jedem Fall. Kaum ein Film hat in den vergangenen Jahren so polarisiert. Obwohl der Streifen in den USA bisher über 100 Millionen Dollar eingespielt hat, kann man wohl erst von einem Erfolg sprechen, wenn Bush nicht wieder gewählt wird.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Vom erwischt werden
Vinyl der Woche: Love Is A Wonderful Thing – Michael Bolton Vom erwischt werden
Aus dem Ressort