Immer den Ball flach halten

TRIER. Ein Vierteljahrhundert: Das ist für einen kleinen regionalen Buchverlag ein bemerkenswertes Alter. Was vielen ehrgeizigen Projekten versagt blieb, gelang dem Trierer Verlag Michael Weyand: in stürmischen Zeiten zu überleben.

Wäre nicht das Firmenschild, man käme schwerlich auf die Idee, in dem unauffälligen Zweifamilienhaus in Trier-Biewer ein mittelständisches Unternehmen zu vermuten. Schon gar nicht, dass hier 120 000 Bücher lagern, "alle selbst gemacht", wie Verlagschef Michael Weyand stolz versichert. Vor 25 Jahren begann der gelernte Zeitschriften-Redakteur, Bücher zu verlegen. Erst als Hobby nebenher, dann als Ein- Mann-Betrieb und schließlich als Firma mit inzwischen acht Beschäftigten. 130 Titel hat der Weyand-Verlag herausgegeben, ein strammes Programm für das kleine Unternehmen. Kein Wunder, dass der Chef auch als eine Art Mädchen für alles fungiert. Verleger, Kaufmann, Themensammler, Lektor, Korrektor, Vertrieb - und nicht zu vergessen: Sein eigener Bestseller-Autor ist er auch, unter dem Pseudonym Mischa Martini. "Ein bisschen Selbstausbeutung ist schon dabei", räumt der 48-Jährige ein. Da gehören auch Abende und Wochenenden standardmäßig zur Arbeitszeit. Reich werden kann man als Kleinverleger nicht, aber immerhin: Es reicht fürs Auskommen. Davon haben viele geträumt, als in den Siebziger Jahren Verlage wie Pilze aus dem Boden schossen. Geblieben sind nur wenige. "Wir haben den Ball immer flach gehalten", beschreibt Weyand sein Erfolgsrezept. Kein literarisches Lottospiel in der Hoffnung auf einen Volltreffer, sondern bodenständiges Handwerk mit regionaler Erdung. Fast alle Bücher, die der Verlag herausgibt, haben einen Bezug zu Trier und dem Eifel- oder Moselland. Eine sichere Bank ist dabei der "touristische Sektor", wie es der Verlagschef nennt. Das geht von prächtigen Bildbänden über die Bibliotheks-Schätze bis hin zu 2-Euro-Stadtführern auf Chinesisch. Ein weiteres Standbein sind geschichtliche Bücher aus der Region. Die langjährige Erfahrung lässt sich auf einen Punkt bringen: "Je näher die Leute persönlich am Thema dran sind, um so besser verkaufen sich die Bücher." Eine Garantie gibt es freilich nie. Auch nach 25 Jahren im Gewerbe "kann ein Flop immer passieren", sagt Weyand und zuckt die Achseln. Noch heute sitzt er auf Resten eines großen Bildbands zu den Antikenfestspielen. "Da hätte ich besser auf die Buchhändler gehört, die haben gleich abgeraten." Die Spiegel-Bestenliste interessiert ihn weniger als die Verkaufsliste im Trierer Interbook. Dort steht "Fischers Maathes" auf Platz 2, gefolgt von Mischa Martinis neuestem Moselkrimi. 10 000 Exemplare der Mordgeschichten setzt der Verlag jährlich ab, und ständig müssen alte Folgen nachgeliefert werden. Da lacht das Herz des Verlegers, ebenso wie bei der Bekanntgabe des neuesten Weyand-Autors: Der Saarburger Ex-Hammerwerfer Edwin Klein, dessen Thriller Anfang der Neunziger Riesen-Auflagen erzielten, vertraut ihm sein literarisches Comeback an. "Tödliche Versicherung" soll im Frühjahr erscheinen. Klassische Literatur wird bei Weyand die Ausnahme bleiben, solide Verlagsfinanzierung geht über literarische Ambitionen. Was Michael Weyand durchaus bedauert. Denn, das weiß er aus vielen eingesandten Manuskripten, "es gibt mehr gute Literatur, die nicht erscheint, als solche, die erscheint".

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