Invasion der Wikinger

BONN. Räuber waren sie, die literweise Met soffen und danach Klöster, Städte, Dörfer oder königliche Pfalzen in Schutt und Asche legten. "So war‘n die alten Wikinger", heißt es. Und so haben sie auch die Rhein- und Moselregion bis Trier malträtiert. Waren sie denn wirklich so? Beileibe nicht nur, wie eine Ausstellung im Rheinischen Landesmuseum Bonn zeigt.

Attacke! Nordleute mit ausgesprochen schnellen, wendigen, flachgehenden Segelschiffen auf Rhein und Mosel im Anflug. In nur wenigen Tagesreisen waren sie, aus Skandinavien kommend, in unserer Region gelandet. Kamen, überfielen friedliche Marktplätze, steckten ganze Ortschaften in Brand und töteten viele Einwohner. Ein Chronist - Regino von Prüm - musste im Jahre 882 und zehn Jahre später erleben, wie sein Kloster angezündet, seine Mitbrüder erschlagen wurden. Die Freibeuter aus dem Norden - die Heiden kannten halt keinen Respekt vor der hiesigen Religion, vor Gotteshäusern, Reliquien, "heiligen" Büchern. So sah die eine, sicher nicht zu unterschätzende Seite nun mal aus. Mit gutem Grund bezeichneten hier siedelnde, zivilisierte Franken die "Nor(t)manni", "Dani" als "Pyratae" (Seeräuber), "Papagani" (Heiden). Schimpften über "Schlangenbrut" oder "Satanskinder". Und die andere Seite der Münze: Es ging auch ausgesprochen friedlich zu. Kontakte zwischen Mittel-/ Westeuropa und Dänemark/Norwegen/Schweden waren zu Beginn der Wikingerzeit lange etabliert. Zwischen dem 5. und 7. Jahrhundert wurde intensiv gehandelt: So fand man in skandinavischen Machtzentren teures Importglas, fränkische Fibeln, Keramik, Stoffe, Metallenes wie Schwertklingen, Schmuck. Und natürlich Wein. Franken waren bei der Waffenherstellung eindeutig überlegen, Skandinavier galten als Meister im Schiffsbau. In der Ausstellung sind die Handelsgüter beider Seiten zu sehen: Keramikkannen zum Transport von Wein, gläserne Sturzbecher, Schwerter mit Inschriften, Werkzeug, Knochenschnitzerei, Spielfiguren, Schmuck aller Art, Münzen, Buchkunst (Evangeliare), Mosaiksteine, Waagen, Bilddarstellungen auf Teppichen. Sehr beliebt auch die Mühlsteine aus der (Vulkan)Eifel, dem Raum Mayen. Und: Kleider machten schon damals Leute, auch davon berichtet die Schau. Wikinger hüllten sich gerne in auffällig bunte, exotische Gewänder. Schick, diese Mode von damals. Die am Anfang der Schau gezeigten Kirchenschätze aus einer (fiktiven) Schatzkammer des 9. Jahrhunderts stehen für den Reichtum der Karolinger und für die Blüte, die das Kunsthandwerk damals schon entfaltet hatte. Rheinisches Landesmuseum Bonn, Colmantstraße 16, Di/Do, Sa 10-18, Mi/Fr 10-21, So 11-18 Uhr, bis 17. Oktober.

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