Jazz-Schmelztiegel kocht wieder

MOERS. Trotz des Ausstiegs des Westdeutschen Rundfunks konnte sich das Moerser New Jazz Festival auch in diesem Jahr behaupten. Der niederländische Sender NPS und weitere Sponsoren stopften kurzfristig das 100 000-Euro-Finanzierungs-Loch. 23 000 Jazzfans kamen an Pfingsten wieder auf ihre Kosten.

 Ayako Sasaki, Chefin der japanischen Chan-Band, spielt freche Klänge und lässt die Tempeljünger tanzen.Foto: Hans-Peter Linz

Ayako Sasaki, Chefin der japanischen Chan-Band, spielt freche Klänge und lässt die Tempeljünger tanzen.Foto: Hans-Peter Linz

"Ich bin sehr zufrieden und blicke nach vorn", resümiert Burkhard Hennen, künstlerischer Leiter des Moerser New Jazz Festivals. Dass das internationale Szene-Treffen überhaupt stattfinden konnte, war indes lange nicht sicher. Hennen blickt auf eine Zitterpartie der vergangenen Monate zurück, in denen der Fortbestand des von vielen Institutionen gesponsorten Festivals auf Messers Schneide stand. Der Ausstieg des Westdeutschen Rundfunks als Sponsor sorgte für Finanzprobleme. 100 00 Euro fehlten in der Kasse. WDR-Unternehmenssprecher Rüdiger Oppers warf Burkhard Hennen nicht ausreichende Kooperationsbereitschaft vor. "Hennen ist ein großer Impresario", sagt Oppers, aber "das Programm des Festivals wurde dem WDR in den letzten Jahren oftmals erst auf der Pressekonferenz mitgeteilt". Dies aber sei für einen öffentlich-rechtlichen Sponsor und Mit-Veranstalter zu spät, um seiner rechtlichen Verantwortung nachzukommen. "Nicht gerade leichten Herzens hatten wir uns daraufhin entschlossen, auszusteigen", stellt der Unternehmenssprecher fest. Er versichert, dass der 100 00- Euro-Etat, der für Moers geplant war, nun für ähnliche Jazz-Projekte in Nordrhein-Westfalen verwendet werde. Hennen hingegen weist die Vorwürfe zurück; man habe lange Jahre mit den Fachredakteuren des WDR gut zusammengearbeitet. Der Einstieg des ebenfalls öffentlich-rechtlichen niederländischen Radiosenders NPS und weiterer Sponsoren habe das Fe-stival gerettet. "Die Trennung vom WDR war für mich eine Befreiung," sagt Hennen, der der Jazz-Szene an vier Tagen ein ansprechendes Wochenende mit zahlreichen musikalischen Höhepunkten bot. Seit seiner Gründung 1972 ist das Festival ein internationales Podium für junge und ausgefallene Strömungen des Jazz. Exotische Töne, ungewöhnliche Musik-Projekte und die Verbindung von traditioneller, folkloristischer Musik mit aktuellen Jazz-Strömungen setzen am Niederrhein regelmäßig Akzente und lassen das internationale Publikum aufhorchen. In diesem Jahr lag der Schwerpunkt auf der Musik des afrikanischen Kontinents. Mariem Hassan und das Vokal-Ensemble Leyoad aus der Westsahara begeisterten mit islamischem Gesang und Gitarren-Begleitung. Rajery aus Madagaskar brachte die Stimmung im ohnehin wetterbedingt erhitzten Festivalzelt im Moerser Stadtpark zum Kochen. Obwohl er an seiner rechten Hand keine Finger hat, beherrscht der Musiker die Valiha, eine Harfe mit 19 bis 21 Saiten perfekt und versetzte das Publikum im Zusammenspiel mit seinem Bassisten Radanz in Ekstase. Ojos De Bruno aus Spanien verbanden Flamenco und Rumba mit Reggae und Funk. Dazu zählt auch - für Jazz eher außergewöhnlich - ein DJ, der mit seinen Scratch-Einsätzen für moderne Akzente sorgte. Die Japan-Fraktion war mit Ayako Sasaki und ihre Chan-Band vertreten. Neben mitunter schrill-frechen Klängen begeisterte ihre Formation mit GoGo Girls und Butho-Tänzern.

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