Jeder ein Künstler

Spätestens seit dem weltweit gefeierten Film "Rhythm is it" gilt der britische Choreograph Royston Maldoom als Legende. Was ihm mit den Berliner Philharmonikern meisterhaft gelang - mit Jugendlichen aus sozialen Brennpunkten große Kunst zu produzieren - soll nun auch in Luxemburg klappen.

 Faszinierende Bilder, gestaltet von Nicht-Profis: „Dance!“ in der Rotunde 2. Foto: Generalkoordination

Faszinierende Bilder, gestaltet von Nicht-Profis: „Dance!“ in der Rotunde 2. Foto: Generalkoordination

Luxemburg. Am Anfang sieht man nur einen Klumpen kleiner Menschen. Ein Kind klettert hoch, weckt die anderen. Alle beginnen, herumzuwuseln, streben auseinander, bilden wieder Grüppchen, teilen sich neu, schnappen sich Koffer und brechen auf in eine Zukunft, die sie noch nicht kennen. Das Bild, mit dem das Stück "Dance" beginnt, begeistert nicht nur die vier Kamera-Teams, die die Proben in der Rotunde 2, dem Rundbau der Kulturhauptstadt, beobachten. Solche Medienpräsenz ist inzwischen normal, wenn Royston Maldoom arbeitet. Seit Millionen Menschen in "Rhythm is it" gesehen haben, wie er gemeinsam mit Sir Simon Rattle und den Berliner Philharmonikern die Verhältnisse zum Tanzen bringt, ist er eine Art Star geworden - auch wenn er das vielleicht nicht gerne hört.60 Kinder und Jugendliche zwischen 11 und 20 proben seit sieben Wochen in der Rotunde. Die mächtigen Podeste sind schon aufgebaut, wo in den Schlussproben die 100 Musiker der Luxemburger Philharmoniker Platz nehmen werden. Ihre jungen Partner kommen aus Schulen, Kinderheimen, Jugendpsychiatrie oder sozialen Brennpunkten. "Normale" und Verhaltensauffällige. Waldorfschüler und Straftäter. Ein Spiegelbild ihrer Altersgruppe.Maldoom glaubt, dass Kunst Leben verändern kann. Schon durch den Prozess. Die Aufführungen am Ende sind nur das Sahnehäubchen, auf das Erarbeiten kommt es an. Sein "Community Dance" funktioniert unabhängig von Talent und Erfahrung - wenn die Motivation stimmt, und die Begeisterung für den Tanz da ist. Das klingt nach Selbsterfahrungsgruppe und Therapie. Aber das Phänomen bei Maldoom ist, dass er mit den einfachen Möglichkeiten seiner Protagonisten Bilder und Szenen kreiert, die richtig große Kunst sind. Die Bewegung der Gruppe entfacht Faszination, nicht die individuelle Leistung. Nur so hat er es geschafft, die ganz großen Orchester für eine Kooperation zu gewinnen. Die Kinder und Jugendlichen sind mit Feuereifer bei der anstrengenden Sache. Das ist kein Halligalli, und sie lernen viel darüber, wie ihr Auftreten und Verhalten wirkt. Wie grandios das aussieht, was sie tun, welche Assoziationen sich damit verbinden, das werden sie vielleicht erst begreifen, wenn die Zuschauer ihnen davon erzählen, oder wenn sie später ein Video ihrer Auftritte sehen. Die Musik von John Adams, die die Luxemburger Philharmoniker unter Kristjan Jarvi dazu spielen, lässt viel Raum für Interpretation. Und sie ist eher malerisch als rhythmisch. Zum Eintauchen schön. "Dance!", eine Kreation von Royston Maldoom, 28., 29. und 30. November jeweils 20 Uhr, Rotunde 2 am Hauptbahnhof. Info: www.dance2007.lu; Karten: 00352/26882007.

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