Jörg Maurer, Theatermensch, Kabarettist, Musiker und Alpenkrimi-Autor, kommt zum Eifel-Literatur-Festival

Daun · Ein Abend voll Spannung und Unterhaltung erwartet Besucher des Eifel-Literatur-Festivals Mitte Oktober. Alpenkrimi-Autor und Musikkabarettist Jörg Maurer ist mit „Schwindelfrei ist nur der Tod“, seinem neuesten Fall um Kommissar Jennerwein, zu Gast in Daun.

Jörg Maurer war Lehrer, Theaterregisseur und -produzent, ist Kabarettist und Musiker. Ruhm hat dem 63-Jährigen aus Garmisch-Patenkirchen aber vor allem seine Autorentätigkeit eingebracht. Seit er 2009 seinen ersten Alpenkrimi "Föhnlage" herausbrachte, genießt er bei Lesern Kultstatus und bei Literatur-Kritikern namhafter Feuilletons große Anerkennung. Denn seine mittlerweile acht Kriminalfälle um Kommissar Hubertus Jennerwein in alpenländischem Lokalkolorit sind so originell wie intelligent. Maurer schafft es, darin Einflüsse der Kunstformen Theater, Kabarett und Literatur zu vereinbaren. Seine Geschichten leben von bizarrer Inszenierung, humorvoller Überzeichnung und Raffinesse. Dafür gab es verschiedene Auszeichnungen. Was den Autor umtreibt, hat er unserer Mitarbeiterin Anke Emmerling verraten.

Sie kochen gerne mit exotischen Zutaten - färbt diese Leidenschaft aufs Krimischreiben ab? In Ihren Büchern gibt es ja reichlich exotische Todesumstände und illustre internationale Figuren - Exotik als Würze fürs klischeehafte Heimat8idyll?
Jörg Maurer: Es geht mir nicht so sehr ums Heimatidyll oder um die Würze. Wenn ich eine Romanfigur ihr mühsam ergaunertes Schwarzgeld auf die Cayman Islands transferieren oder Hals über Kopf im brasilianischen Urwald verschwinden lasse, dann hat das weniger exotische, sondern mehr prosaisch-kriminalistische Gründe. Die Caymans zahlen bessere Zinsen, und Brasilien hat keinen Auslieferungsvertrag. Die Exotik ist Beifang.

Überhaupt - die Heimat ... Sie gehen mit Bayern und dessen volkstümlichen Klischees ja köstlich satirisch ins Gericht. Geschieht das nach dem Motto: Was sich liebt, das neckt sich? Oder spielt Abscheu eine Rolle?
Maurer: Weder noch. Wenn man etwas zu sehr hasst, kann man keine Satire drüber schreiben. Ich zum Beispiel hasse nichts mehr als Spinat und Weißbier. Darüber ist also kein beißender Schlüsselroman von mir zu erwarten.
Wenn man hingegen etwas zu sehr liebt, kann man es auch nicht so richtig aufs Korn nehmen. Ich liebe beispielsweise Abendstimmungen am Meer, den Gesang der Möwen, das Rauschen der Wellen, dazu ein Glas Château Lafitte-Rothschild, Pauillac AC, 1er Cru Classé - schreiben Sie da mal eine Satire drüber!

Sie waren gerne Lehrer. Warum haben Sie sich dann beruflich anderweitig orientiert? Haben Sie freiere Entfaltung im Künstlerischen gesucht?
Maurer: Man kann sich eigentlich in der Schule freier entfalten. Wesentlich freier! Das war mir irgendwie zu frei, deshalb habe ich den streng geregelten, von vielen Instanzen (Buchmarkt, Verlag, Leserschaft, Zeitgeist) reglementierten Beruf des Autors gewählt - und ich fühle mich sehr wohl darin!

Sie haben Ihre Magisterarbeit über Arno Schmidt geschrieben. Haben Sie aus seinem literarischen Schaffen etwas für Ihr eigenes mitgenommen?
Maurer: Allerdings. Ich habe sehr viel bei Arno Schmidt gelernt. Zum Beispiel seine Art, das eigene Erzählen nicht so ganz ernst zu nehmen und es immer wieder ironisch zu spiegeln. Bewundernswert ist auch seine große Kunstfertigkeit, von der Handlung abzuschweifen, wo immer es möglich ist - auch das Leben ist doch nichts anderes als einzige Abschweifung von einem Hauptthema. Seine große Belesenheit gestattet es ihm, viele literarische Stile und Moden zu parodieren und variieren, auch das versuche ich im Rahmen des Möglichen sehr oft. Und dann seine große Sturheit, sein Ding durchzuziehen' und nicht darauf zu reagieren, in welche Schubladen man ihn einordnet. Arno Schmidt zu lesen bringt mehr als einen Kurs ‚Creative Writing' zu belegen.

Hat Kommissar Jennerwein ein reales Vorbild? Ist er vielleicht zum gewissen Grad Ihr Alter Ego?
Maurer: Nein. Ich bastle mir die Figuren so zusammen, wie ich sie für meine Handlungen brauche. Das ist ja gerade das Schöne am Schreiben. Und auch am Lesen: Ich brauche nicht dauernd buchhaltermäßig darauf zu achten, ob alles mit der Realität übereinstimmt.

Woraus schöpfen Sie die Ideen für Ihre Kriminalfälle?
Maurer: Ich als Künstler schöpfe sie aus einem bestimmten Teil des Frontallappens meiner Großhirnrinde, nämlich aus dem dorso-lateralen präfrontalen Cortex (Brodmann-Areal 9/46, zuständig für Kreativität, aber auch Unsinn). Als Krimiautor benutze ich manchmal auch das Hirnstübchen gleich daneben: Da sitzt der messerscharfe Verstand, die unabweisbare Logik, der zwingende Umkehrschluss.
So, jetzt ist's raus. Ich konnte das Geheimnis auf die Dauer nicht für mich behalten.Extra Buch und Lesung

"Schwindelfrei ist nur der Tod" ist als achter Alpenkrimi von Jörg Maurer im April erschienen.
Den Inhalt und was das Publikum bei der Lesung in Daun erwarten kann, fasst der Autor selbst zusammen:

"In meinem aktuellen Roman geht es um eine Heißluftballonfahrt, die (der Gewitzte ahnt es schon!) äußerst ungut endet.Ferner geht es um eine dunkle Stelle in Kommissar Jennerweins Vergangenheit.
Dann geht es um Gevatter Tod, der nachts am Bettrand sitzt und die Kombination des Tresors wissen will.
Schließlich geht es um einen nie ganz geklärten Bankraub mit Geiselnahme, der wirklich stattgefunden hat.
Ich lese nicht einfach vor. Ich betone die zu betonenden Stellen, ich rolle mit den Augen, ich hebe die Stimme, und ich kiekse, wenn gekiekst werden muss.
Ich führe gemeine Formen des Taschendiebstahls vor, ich werfe mit Konfetti, ich bringe die erste Reihe der Zuhörer in Verlegenheit, indem ich sie bitte, ein Wort auf einen Zettel zu schreiben.
Das ist schwerer, als man denkt. Also überlegen Sie sich bitte jetzt schon ein Wort! ae
"Schwindelfrei ist nur der Tod", Paperback 432 Seiten, Verlag : FISCHER Scherz, ISBN: 9783651022355, Preis 14,99 Euro.
Extra Die Lesung im Herbst

Paul Maar, Mittwoch, 7. September, 15 Uhr, Aula St. Matthias-Gymnasium Gerolstein, Uwe Timm, Freitag, 9. September, 10.30 Uhr, Aula St. Matthias-Gymnasium Gerolstein, Schullesung; ebenfalls 9. September, 20 Uhr, Cusanus-Gymnasium Wittlich, öffentliche Lesung, Judith Hermann, Freitag, 23. September, Haus Beda, Bitburg, Pater Anselm Grün, "Versäume nicht dein Leben", Donnerstag, 6. Oktober, Stadthalle Bitburg, Alpenkrimi-Autor Jörg Maurer, Freitag, 14. Oktober, Forum, Daun, Bettina Tietjen, "Mein Vater, die Demenz und ich", Freitag, 21. Oktober, Karolingerhalle, Prüm, Thrillerautor Sebastian Fitzek, Samstag, 29. Oktober, Stadthalle Bitburg.
Die Lesungen beginnen, wenn nicht anders angegeben, um 20 Uhr. red
Karten: TV-Service-Center Trier, Hotline 0651/7199-996, www.volksfreund.de/tickets

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