Künstlerisches Gipfeltreffen

Während der "offizielle" Theaterbetrieb noch in den Sommerferien verharrt, sorgt die Merziger Zeltoper dafür, dass Opern-Fans in der Region nicht darben müssen. Bei Puccinis Krimi "Tosca" ergibt sich an der Saar eine hochinteressante künstlerische Konstellation.

 Große Gefühle schon bei den Proben: Timothy Richards als Cavaradossi und Tosca Dagmar Hesse. Foto: Musik&Theater Saar

Große Gefühle schon bei den Proben: Timothy Richards als Cavaradossi und Tosca Dagmar Hesse. Foto: Musik&Theater Saar

Merzig. Mozart, Verdi, Bizet, Wagner, Rossini: Die Zeltoper hat sich in den 14 Jahren ihres Bestehens quer durch das populäre Opern-Repertoire gespielt - und dabei immer darauf geachtet, nicht in szenischen und musikalischen Populismus zu verfallen. Aber ausgerechnet Publikumsliebling Giacomo Puccini stand noch nie auf dem Spielplan in der Merziger Arena. Doch was Bregenz recht ist, ist dem saarländischen Pendant billig: "Tosca", das bühnenwirksame Schauerdrama mit seinen Hits wie "E lucevan le stelle" oder "Vissi d'arte", soll in diesem Sommer massenhaft Publikum in den weißen Zeltpalast locken.

Wenn es einen Regisseur gibt, der es schafft, dem viel gespielten Werk noch ein paar neue Aspekte zu entlocken, dann ist es fraglos Thilo Reinhardt. Seit der einstige Friedrich- und Berghaus-Schüler 2005 und 2006 in Merzig zwei fulminante Inszenierungen der "Traviata" und des "Freischütz" hinlegte, hat seine Karriere einen mächtigen Sprung gemacht. Vor allem eine allseits gelobte Produktion von "Hoffmanns Erzählungen" an der Komischen Oper Berlin öffnet ihm zunehmend die Türen zu den größeren Häusern im Lande.

Reinhardt war übrigens auch für den "Nabucco" bei den Trier-er Antikenfestspielen im Gespräch - aber da fehlte wohl doch die Risiko-Bereitschaft. Jetzt soll er in Trier kommendes Frühjahr Weills "Mahagonny" inszenieren.

"Tosca" wird, wie man am Rande der Proben hört, im italienischen Faschismus der 40er Jahre spielen. Da schadet es nicht, wenn man einen Dirigenten hat, der mit szenischen Wagnissen umgehen kann. Kein Problem für Wilhelm Keitel, der das Orchester der Bolschoi-Oper Minsk dirigiert. Festival-Chef Joachim Arnold greift diesmal nicht selbst zum Taktstock - der Merziger Impresario ist neuerdings nach absolviertem Intendanten-Studium im Leitungsteam der renommierten Züricher Oper tätig und beschränkt sich diesmal auf Management-Aufgaben.

Aber mit Keitel hat er einen Bruder im Geiste als musikalischen Leiter gefunden. Der ebenso unkonventionelle wie angesehene Dirigent organisierte in den 90er Jahren aufsehenerregende Opernfestivals auf Rügen. In den letzten Jahren versuchte er den Beweis anzutreten, dass sich große Tournee-Produktionen und Qualitäts-Ansprüche nicht ausschließen - durchaus erfolgreich, wie eine "Zauberflöte" im Trierer Amphitheater dokumentierte. Seit diesem Jahr hat er die Herkules-Aufgabe übernommen, das Opern-Festival in Monschau aus der künstlerischen Mumifizierung zu befreien, und auch das scheint sich gut anzulassen.

Für Hochspannung im Leitungsteam dürfte also gesorgt sein, zumal Reinhardt wieder seinen innovativen Bühnenbildner Paul Zoller mitbringt, dessen "Freischütz"-Ausstattung jedem Staatstheater gut angestanden hätte.

Letzteres gilt aber auch für die Solisten, an der Spitze der Waliser Timothy Richards, der im schützenden Saar-Biotop sein Debüt als Cavaradossi gibt. In Berlin gilt er derzeit als angesagtester Tenor im lyrischen Fach, Publikum und Presse feierten gleichermaßen seinen Bohème-Rodolfo, seinen Hoffmann und seinen Traviata-Alfredo an der Komischen Oper. Für seinen Weg ins schwerere italienische Repertoire kommt Merzig gerade recht. Die Titelrolle übernimmt Dagmar Hesse, auch schon an der Hamburger Staatsoper und der Dresdener Semperoper erfolgreich. Als Scarpia kommt Renatus Meszar aus dem Ensemble des Weimarer Nationaltheaters. Die Trierer Fahne halten dieses Mal Kostümbildnerin Ulli Kremer und Maskenbildnerin Susanne Erbel hoch.

Premiere am 15. August, weitere Vorstellungen am 17., 20., 22. und 23. August. Infos: www.musik-theater.de. Karten in den TV-Presse-Centern Trier, Bitburg, Wittlich, Hotline 0651/7199-996 sowie www.volksfreund.de/tickets

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