KOLUMNE

Bislang waren Sie für mich immer so was wie ein Idol. Nicht so sehr wegen der biederen Krimis, in denen sie - darstellerisch mehr schlecht als recht - als bayerischer Dorfbulle oder Insel-Pfarrer ihre Fälle lösten.

Dann schon eher wegen Ihrer selbstironischen Kabarett-Pointen in "Ottis Schlachthof", die bisweilen trockener waren als Elblingsekt und treffsicherer als Miroslav Klose - und das heißt beides schon was. Aber vor allem habe ich Sie geschätzt als leuchtenden Beweis für den Umstand, dass man es auch in Deutschland mit 60 Kilo Übergewicht zu einem beliebten und verehrten Volkshelden bringen kann. Früher dachte ich immer, das gäbe es nur bei japanischen Sumo-Kämpfern und italienischen Tenören. Und dann kamen Sie und verbreiteten Hoffnung unter den notorisch Adipösen dieser Republik. Endlich einer, bei dem statt des obligatorischen Waschbrett-Bauchs ein Waschtrommel-Bauch den Bildschirm füllt. Endlich einer, der schwitzt wie ein gewöhnlicher Mensch. (Oder hat schon jemand Til Schweiger schwitzen sehen?) Mussten Sie uns das wirklich antun? Vom Volkshelden zum Deppen der Nation in drei Tagen? Den Anfang verstehe ich ja noch. Wenn einen Mann, den die Natur mit allem reichlich ausgestattet hat außer mit Sexappeal, plötzlich eine 15 Jahre jüngere Blondine anschmachtet, dann mag man schon mal in Versuchung kommen. Nur: Wenn man sich dann mit der Dame an den Tegernsee legt, wo die Paparazzi auf den Bäumen wachsen, und dann hofft, die eigene Frau werde nichts merken, ist das, mit Verlaub, schon ein bisschen doof. Und geradezu unsäglich ist es, wenn man, nachdem die Sache aufgeflogen ist, Versöhnungsversuche macht, indem man ganze Seiten der Bildzeitung mit seinem Gegreine füllt, garniert mit Fotos jenseits der Peinlichkeitsgrenze. Und die sehen leider nicht aus, als wären sie heimlich aufgenommen worden, sondern eher so, als hätten Sie die Herrschaften ins von ihnen derzeit bewohnte Krankenzimmer gebeten, um ein Bild des Jammers im offenen grünen OP-Hemdchen abgeben zu können. Ihre Noch-Frau wird's kaum erweichen. Man kann es gut verstehen.Dieter Lintz

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Vom erwischt werden
Vinyl der Woche: Love Is A Wonderful Thing – Michael Bolton Vom erwischt werden
Aus dem Ressort