KOLUMNE

Am Wochenende ist mir so richtig klar geworden, was für ein armes Schwein so ein Bundeskanzler ist. Man ist für alles verantwortlich, aber man weiß - nix. Keiner von der ganzen Ministerbande sagt einem was.

Wahrscheinlich haben diese Stolpes, Trittins und Schilys in den Sitzungspausen des Kabinetts immer feixend vor den Urinalen gestanden und sich köstlich amüsiert, was sie dem Alten wieder alles verschwiegen haben. Nehmen Sie das mit der Milliardenbürgschaft für Gazprom. Ich meine, eine Milliarde Euro, das ist ja doch immerhin so viel, wie 50 000 Durchschnittsdeutsche zusammengerechnet in einem ganzen Jahr verdienen. Da hat der Clement, dieser Schlingel von einem Wirtschaftsminister, gedacht, mit solchen Peanuts braucht man den Gerhard gar nicht erst zu behelligen. Was muss der so was wissen, der ist ja nur Kanzler! Wahrscheinlich hat Clement die Sache kurz mit dem Pförtner des Kanzleramts besprochen, der hat einen Großonkel in Sibirien und kennt sich aus mit den Russen. Und wie der gesagt hat, die Sache sei soweit okay, hat der Clement den Wisch halt mal eben unterschrieben. Komisch irgendwie. Wenn meine Frau mit unserem Häuschen als Sicherheit für den Kredit einer Freundin bürgen wollte, würde ich schon davon ausgehen, dass sie mir was sagt. Aber das Leben und die Politik sind halt zwei paar Schuhe. Wahrscheinlich erklärt sich so auch manche Fehlleistung der Vergangenheit. Helmut Kohl hatte vielleicht von den ganzen Parteispenden auch nie was gehört, weil ihm seine Mitarbeiter einfach nichts verraten wollten. Und signiert hat immer der Unterschriften-Automat. So ähnlich wie bei Joschka Fischer, wo die Warnungen der Diplomaten vor ukrainischen Schleppern überall ankamen, nur nicht auf dem Schreibtisch des Ministers. Tja, da war der olle Helmut Schmidt noch von anderem Kaliber. Der hat alle seine Akten immer selbst bearbeitet. Wahrscheinlich reist er deshalb auch noch mit 87 hoch geachtet und parteiübergreifend geschätzt durchs Land. Keine Angst, lieber Herr Schröder, das wird Ihnen wahrscheinlich nicht passieren. Dieter Lintz

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