KOLUMNE

Wie verkraftet ein ehrgeiziger, besessener Sportler wie Sie nur eine so schmachvolle Niederlage? Das habe ich mich gefragt, als Bundestrainer Jürgern Klinsmann, dieser ausgewanderte Emporkömmling, Sie ausgebootet und aus dem WM-Tor der Fußball-Nationalmannschaft verbannt hat.

Als ich am Samstag in der Sportschau Ihr grimmiges Gesicht beim Spiel der Bayern gegen Bremen sah, dachte ich, Sie würden gleich wieder als "Kung-Fu-Kahn" Ihre Kampfkunst zur Schau stellen. Das haben Sie ja schon einmal in einem Spiel gegen Bremen getan, damals zum Leidwesen des bemitleidenswert ängstlichen Kickers Miroslav Klose. Und als die Reporter Sie nach dem Abpfiff umschwirrten, schien es mir, als würden Sie als ständig brodelnder Vulkan gleich ausbrechen und diese versengen. Aber nichts da! Sie ertragen das Elend wie ein Mann. Sie mischen auch als Torwart Nummer 2 bei der Weltmeisterschaft mit. Sie stellen sich uneigennützig in den Dienst des Landes. Sie schleichen nicht von dannen wie Ex-SPD-Chef Matthias Platzeck, obwohl Sie genauso viel arbeiten wie er und mindestens ebenso viel Stress und Druck aushalten müssen. Sie werden auch nicht krank, sondern schlucken den ganzen Ärger einfach hinunter. Ich rate Ihnen aber dringend, sich mal von einem Arzt untersuchen zu lassen. Nicht, dass Sie wie Matthias Platzeck plötzlich rückblickend feststellen, Sie hätten sich übernommen. Lassen Sie sich auch ein Mittel gegen Bluthochdruck verschreiben, damit Ihnen nicht der Kragen platzt, wenn Sie bald Ihrem Kontrahenten Jens Lehmann gegenübertreten. Der kann schließlich nichts dafür, dass der Bundestrainer auf ihn hereingefallen ist. Herr Lehmann hat doch nur die neue Reform der Rechtschreibreform praktisch angewandt. Wie das? Ganz einfach: Nachdem es einen Torhüter 1a (Sie!) und einen Torhüter 1b (Lehmann!) gegeben hat, hat Ihr Nebenbuhler dem in Amerika wohnenden und der deutschen Sprache noch nie richtig mächtigen Schwaben Klinsmann klar gemacht, dass in Deutschland ab sofort das Alphabet in abgewandelter Form gilt. Und das hat der vom Bäcker zum Bundestrainer avancierte Klinsmann natürlich geglaubt. Pech für Sie, dass Sie in Bayern wohnen und die deutsche Sprache nicht besser kennen als Ihr Kontrahent. Aber mit diesem Wissen lässt sich die Schmach sicher leichter ertragen als die Vorstellung, Lehmann könne der bessere Fußballer sein. Frank Giarra

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