Kammermusikalischer Hochgenuss

Malberg · Das Leipziger Streichquartett auf Schloss Malberg.

Malberg (er) Das Ensemble hätte nicht besser gewählt sein können. Zum "Tag der Deutschen Einheit" war das Leipziger Streichquartett im Rahmen des Festivals "Bach und die Reformation" aus der "Musikhauptstadt Deutschlands" nach Schloss Malberg gekommen.
Seit Jahrhunderten ist die sächsische Metropole ein Zentrum der Musik. Von Bach bis Wagner hat hier gewirkt, was an Komponisten Rang und Namen hat. Seit jeher hat das Quartett aus Leipzig allerdings auch über den deutschen Tellerrand nach Europa geschaut. Bereits 1996 gab das Ensemble den Anstoß zu einem Beethoven-Quartett-Zyklus als "Zeichen der europäischen Freundschaft".
Spielfreude und Dialogfähigkeit zeichnete auch an diesem Abend die vier Musiker aus, die mit ihren wunderbaren Instrumenten im intimen Musiksalon des Schlosses saßen. Vor den wertvollen Tapeten aus der berühmten Frankfurter Manufaktur Nothnagel vermittelten sie, was Kammermusik dem Wesen nach bedeutet und Goethe so treffend formulierte: "Ein musikalisches Gespräch unter vernünftigen Leuten". Mit vier Grundfugen aus Johann Sebastian Bachs "Kunst der Fuge" eröffneten die Musiker den Abend. Was auf dem Klavier eher spröde wirkt, wurde in der Streicher Instrumentalisierung zum warmen, körperhaften, weit atmenden Klang. Matthias Moosdorfs wunderbares Cello von 1697 des italienischen Geigenbauers Andrea Guarneri, erdete mit seinem dunklen samtenen Klang die Musik. Gleich hier war die große Stärke des Quartetts erlebbar, seine ungeheure Dialogfähigkeit, seine Fähigkeit, musikalische Argumente sinngebend zu vernetzen und Strukturen hörbar zu machen. Dass die Leipziger herrlich beseelt und empfindsam spielen können, ohne sich in Gefühlsseligkeit zu verlieren, wurde in den folgenden drei Bach-Fugen für Streichtrio deutlich, zu denen Mozart Einleitungen für seine Frau Constanze geschrieben hat ( KV404a). Fast im Serenadenton erklang Mozarts Musik mit ihren zärtlichen Gesten und feinen Seufzern. Seit 2015 spielt Conrad Muck als 1.Geiger im Quartett. Der neue Primarius, der auf Stefan Arzberger folgte, kommt vom Peterson-Quartett und hat eine andere Klangästhetik mitgebracht, wie sich auch in Malberg zeigte.
Schon eingangs fiel das auf. Im großartigen Streichquartett e-moll op.44 Nr.2 von Felix Mendelssohn-Bartholdy war es dann unüberhörbar: Muck spielt risikoreicher und bringt einen harten, zuweilen grellen Ton in den Ensemble Klang ein.
Das ist bisweilen störend. Gleichwohl blieb das Malberger Konzert ein eindrucksvolles Erlebnis. In Mendelssohns Quartett wurde zum Ausklang noch einmal die ganze Ausdrucksvielfalt des Ensembles deutlich, die Vielfarbigkeit der Stimmen und die Vielfalt der Temperamente, seine Kraft und sein Gefühl für Rhythmus.
Leichtfüßig kamen die Geigen daher. Dann wieder klangen sie bedrohlich wie Trommeln. Besinnlich und seelenvoll: das liedhafte Andante. Ein kammermusikalischer Hochgenuss!

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